Mittwoch, 13. April 2016

Udo Gansloßer (Hrsg.) – Hunde aus dem Ausland



Unser elftes Buch.
 
In der Reihe „Expertenwissen für Hundeprofis“ hat Herausgeber und Autor Udo Gansloßer eine Artikelsammlung rund um das Thema „Hunde aus dem Ausland“ veröffentlicht. Hundetrainer, Tierärzte und Kynologen befassen sich in Beiträgen von unterschiedlicher Länge mit den Bereichen Gesundheit, Tierschutz vor Ort, Herkunft der Straßenhunde und weiteren Themen rund um die Hunde aus dem Ausland.
 
Den Beginn macht ein Erfahrungsbericht der Tierärztin Sophie Strodtbeck, die aus eigener Erfahrung die negativen Folgen einer unüberlegten „Rettung“ eines Hundes für Tier und Halter beschreibt. Immer mit einem kleinen Augenzwinkern, aber doch stets mit den richtigen Worten für die Dramatik der Situation schildert sie die Erlebnisse und Entbehrungen, die nichts mit der von vielen Tierschützern gerne beworbenen Idylle mit den dankbaren und pflegeleichten Südländern zu tun haben.
Weitere Artikel beschäftigen sich mit der sozialen Struktur der Straßenhunde in den Ursprungsländern und der Frage, ob und bis wann es diesen Tieren möglich ist, sich aus diesem Umfeld wieder in die menschliche Obhut zu begeben und sich dort an die Anforderungen des Lebens als Familienhund anzupassen. An dieser Stelle sei gesagt, dass ich diese beiden Artikel von Gansloßer als die schwächsten im Buch empfinde. Sie sind zwar sehr wissenschaftlich geschrieben, beschränken sich aber bei der Frage des „Hundes aus dem Ausland“ ausschließlich auf die wirklichen Straßenhundpopulationen und lassen dabei die deutlich vielfältigeren Herkunftsmöglichkeiten der Auslandshunde im Tierschutz außer Acht.
Deutlich interessanter und auch für Interessenten wertvoller empfinde ich hier den Artikel von Gerd Leder, der sich mit der Frage nach der Herkunft und ursprünglichen Aufgabe der Hunde beschäftigt. Ausgehend von den einzelnen Ursprungsländern, arbeitet er auf, aus welchen Aufgabengebieten, die Tiere im Großteil der Fälle stammen, welche Hundetypen und Rasseeigenschaften man am Häufigsten antrifft und was das für den künftigen Halter bedeutet.
Sehr umfangreich setzt sich Jennifer Jensen mit den medizinischen Aspekten und Risiken des Imports auseinander. Auch wenn Viele an dieser Stelle mit den Augen rollen dürften, weil sie den „kranken Auslandshund“ als abgenutztes Klischee sehen, ist es wohl eines der wichtigsten Themen. Die Autorin geht im Einzelnen auf die typischen „Südländererkrankungen“ ein, behandelt aber auch Parasiten und das Sticker Sarkom in ihren Ausführungen. Dabei wird nicht blind Panik verbreitet, sondern sehr objektiv darauf eingegangen, wie die Krankheiten erkannt und behandelt werden können, wie sie übertragen werden und ob die Gefahr einer Ansteckung durch importierte Hunde besteht.
Nach einem kurzen Artikel zum Arbeitsschutz und einem weiteren Beitrag zu „trainieren und leben mit Auslandshunden“ schließt das Buch mit einem umfassenden Bericht von Elke Deininger und Katrin Umlauf zur Hilfestellung und Populationskontrolle vor Ort. In ihrem Beitrag „Zur Tierschutzproblematik der so genannten Straßenhunde im Ausland“ beschreiben sie am Modellprojekt Odessa, wie Tierschutz im Ausland nachhaltig sein kann. Anhand von Langzeitbeobachtungen und Diagrammen erläutern sie, wieso weder das Einfangen und Vermitteln noch die oft durchgeführten Tötungsaktionen wirklich einen Einfluss auf die Straßenhundpopulation nehmen können und konnten und präsentieren das Kastrationsprogramm, das nach langen Verhandlungen in Odessa begonnen und mit Erfolg weitergeführt wird. Durch das Einfangen, Kastrieren und wieder in ihrem ursprünglichen Revier Aussetzen der Straßenhunde konnte das Wachstum der Population zuerst zurückgedrängt werden und dann allmählich ein stetiger und stabiler Rückgang verzeichnet werden.
 
Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass sich „Hunde aus dem Ausland“ in erster Linie kritisch mit dem Thema „Einfuhr ausländischer Tierschutzhunde“ auseinandersetzt. Wer nette Geschichten von dankbaren, geretteten Hunden erwartet, wird hier enttäuscht werden, ebenso wenig bietet das Buch eine Anleitung zur Adoption eines Hundes aus dem Ausland. Wer sich jedoch mit den Grundlagen des nachhaltigen Auslandstierschutzes, den Mittelmeerkrankheiten und den rassegeschichtlichen Hintergründen der Auslandshunde vertraut machen möchte, dürfte hier eine gute Basis finden.

 
Als nächstes Buch auf der Leseliste:
Thomas Baumann – Früh übt sich, …