Freitag, 27. Februar 2015

Quo Vadis DCM Aufklärung?





Es ist jetzt fast zwei Jahre her, dass die große Aufklärungswelle rund um das Thema „DCM beim Dobermann“ startete, Zeit sich einmal umzublicken und ein kleines Resümee zu ziehen.

Es begann im März 2013 mit dem DCM Film. Ich stehe dazu, dass ich dem Film bis heute zwiegespalten gegenüberstehe. Mir war die große Geheimniskrämerei die im Vorfeld betrieben wurde, suspekt und auch das Grundgerüst des Films gefällt mir bis heute nicht wirklich. Die Gegenüberstellung von Züchter A als dem rücksichtslosen, schlechten Züchter auf der einen Seite und Züchter B als positives Beispiel der voller Verantwortungsbewusstsein der desolaten Lage trotzt, stößt mir immer noch auf. Zumal die angeprangerte Züchterin nie die Möglichkeit bekam ihre Version der Ereignisse und die Hintergründe einer derart großen Zuschauerschaft zu präsentieren, wie es der Film mit den Anklagen gegen sie getan hat.

Sei es drum, mit dieser Meinung stand ich relativ alleine da – ich denke nur Freunde und Familie der an den Pranger gestellten Züchterin teilten sie vermutlich – und der Film wurde als großer Durchbruch in der DCM Aufklärung gefeiert. Es folgten Interviews mit anerkannten Kardiologen, Flyer, Homepages, der Aufruf zu einem Forschungsprojekt an der Uni Hannover, eine Petition und ein weiterer Film. Das Thema breitete sich über die sozialen Netzwerke aus und erreichte erstmals auch die Dobermannhalter jenseits der sehr begrenzten Welt des Rasseforums. Das Thema erreichte zwar die oberen Ränge der Zuchtvereine immer noch nicht, doch im Internet war es beim Thema Dobermann allgegenwärtig. Die Frage nach der Herzuntersuchung und den Eltern eines Hundes wurde bei jeder virtuellen Unterhaltung rund um den Dobermann schon fast obligatorisch. Heute ist es beinahe nicht mehr möglich irgendetwas rund um den Dobermann zu veröffentlichen, ohne dass das Thema DCM von irgendeiner Seite angesprochen wird.

Einerseits eine sehr positive Entwicklung, einfach weil der Alltag zeigt, dass Rasseinteressenten und sogar Erstzüchter immer noch viel zu wenig Ahnung vom Ausmaß dieser Krankheit haben. Doch langsam zeigte sich auch die Kehrseite der Medaille. Der Ton wurde immer rauer. Die Aufklärung wandelte sich schleichend an vielen Stellen immer mehr zur Zwangsbelehrung und die Geduld mit Unwissenden oder gar Andersdenkenden schwindet bis heute rapide. Stand früher augenscheinlich die Aufklärung im Vordergrund, beschleicht einen immer mehr das Gefühl, dass es heute mehr darum geht, einzelne Würfe und ganze Zuchtstätten an den Pranger zu stellen. Die Wortwahl ist dabei sehr oft deutlich unter der Gürtellinie und man merkt sehr schnell, dass es nicht nur darum geht, potentielle Welpenkäufer auf Fehler hinzuweisen. Es geht darum sich Luft zu machen. Viele Halter dort draußen sind wütend, wütend über den Verlust ihres Hundes, wütend über das Leid, dass sie erdulden mussten und sie sind nun fest entschlossen, diese Wut an jenen auszulassen, die ihrer Meinung nach gegen das Wohl der Rasse verstoßen auszulassen. Dabei ist es egal, ob es einen Züchter, einen Deckrüdenbesitzer oder einfach nur einen anderen Dobermannliebhaber trifft, der das Pech hatte, gerade anderer Meinung zu sein.

Es gibt wenige Züchter, die noch Gnade in den Augen der Aufklärer finden. Ein Schema nach dem man feststellen kann, wer in den erlesenen Kreis aufgenommen wird, ist dabei nicht zu erkennen. Bizarrer Weise scheinen gerade die Züchter, die durch sehr sorgsame Auswahl der Verbindungen und lückenlose Untersuchungen auffallen, besonders in der Schusslinie zu stehen. Jede Wurfankündigung wird unter die Lupe genommen und meist öffentlich auf Facebook zerfleischt. Es beschleicht einen bisweilen der Eindruck, dass manche der Personen erwarten, dass die Züchter wirklich um ihren Segen zur Wahl des Deckpartners fragen. Mäßigende oder kritische Stimmen sind nicht erwünscht. Wer es wagt, einzuschreiten, das Vorgehen zu kritisieren oder gar Partei für einen angegriffenen Züchter zu ergreifen, hat sehr schnell den ganzen wütenden Mob gegen sich. Nach der verbalen Dresche erfolgt in der Regel die Sperre und der Block für Thema und Gruppe, denn Quertreiber, die das Projekt gefährden könnten, sind nicht erwünscht.

Doch auch intern ist es mit dem Frieden längst vorbei. Freund und Feind zu unterscheiden ist nicht mehr so einfach wie noch vor zwei Jahren. Die Bündnisse wechseln schneller, als manch einer mitlesen kann. Wer gestern noch zusammenmit spitzer Feder gegen die DCM Leugner ins Feld zog ist sich heute spinnefeind und wer gestern noch Verbrüderung gefeiert hat, ist bereits zerstritten bevor die Tinte auf dem Kooperationsvertrag getrocknet ist. Die Revolution frisst ihre Kinder und man hat den Eindruck, dass der DV recht daran tut, das Thema einfach zu ignorieren. Wenn der hauptverein noch ein halbes Jahr durchhält ohne auf die Thematik zu reagieren, dürfte die Aufklärungswelle von alleine abebben, weil sich die Protagonisten letztlich gegenseitig zerfleischt haben.

Mir ist vollauf bewusst, dass ich hier gerade in einem Minenfeld tanze und mir das Ganze um die Ohren fliegen wird, die kommenden Tage. Die Empörung wird groß sein und viele werden ihr Luft machen und das nicht immer auf die höflichste Arts und Weise. Dennoch ist es mir ein großes Anliegen, dieses Problem anzusprechen. Die Thematik ist zu wichtig, als dass man zusehen könnte, wie sie durch zwischenmenschliches Gezicke und verletzte Eitelkeiten der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Der Dialog zu den Züchtern wird kaum noch gesucht, sondern man ergeht sich in einem Schwall aus polemischen Angriffen und Unterstellungen. Wundert sich aber im gleichen Atemzug darüber, dass sich die Attackierten immer weiter zurückziehen und nicht mehr gewillt sind sich den virtuellen Angriffswellen Tag für Tag entgegen zu stellen. Jede Woche ist ein neuer Züchter an der Reihe um zerrissen zu werden. Wer das Pech hat einen kranken Hund gezüchtet zu haben – und bei der heutigen Lage der Rasse ist das so gut wie jeder Züchter – und nicht augenblicklich so zu reagieren, wie es sich die online Inquisition gerade vorstellt, wird öffentlich zerfleischt. Dabei ist es vollkommen egal, dass der gleiche Züchter noch vor kurzer Zeit von denselben Menschen in den Himmel gelobt wurde. Wer sich der Aufklärungswelle in den Weg stellt, wird gnadenlos in ihr ersäuft. Ein Privatleben ist nicht mehr gestattet, denn wenn man die Unverschämtheit besitzt, ein paar Stunden am Tag nicht online zu sein, um sofort jedem Rede und Antwort zu stehen, hat man etwas zu verbergen, versucht etwas zu vertuschen oder läuft vor der Verantwortung davon.

Auch normale Dobermannfreunde die es wagen Kritik zu äußern, finden keine Gnade vor den Rettern der Rasse. Besonders auffällig wird dies, wenn man die Retter auf ihre Rettungspläne anspricht. Die Ideen gehen von einem neuen Zuchtverein, egal ob in der FCI oder außerhalb, der Kreation eines Designerdogs Dobermann bis hin zur Rückzüchtung des Dobermannes aus seinen (vermuteten) Ausgangsrassen. Möchte man die Schwachstellen dieser Pläne und deren genaue Ausführung hinterfragen, merkt man sehr schnell, dass diese Ideen nicht weiter als bis zur Formulierung des Vorhabens durchdacht sind. Aussprechen sollte man diese Entdeckung jedoch nicht laut, denn dies gleicht einem Stich ins Wespennest. Sofort stürzen sich wütende Aufklärer auf einen und posaunen groß und aggressiv in die Welt hinaus, dass sie wenigstens etwas ändern möchten. Hat dann nochmal jemand die Unverschämtheit, sie an die Realität zu erinnern und anzumerken, dass ihre Pläne an selbiger meilenweit vorbeigehen, kommt am Ende das Totschlagargument mit dem jede Diskussion abgewürgt wird:

DU kannst eigentlich gar nicht mitreden. DU hattest noch nie einen DCM kranken Hund. DU kannst das nicht verstehen.

Es stimmt. Der Kelch ist bisher an mir vorbei gegangen und ich hoffe auch weiterhin, dass meine Dobermänner die Statistik nicht lesen können und auch Dobermann drei und Dobermann vier, der irgendwann einziehen wird, ihr Leben lang DCM frei bleiben werden. Doch selbst wenn mich das Glück eines Tages verlassen sollte, denke ich nicht, dass ich derartige Rettungspläne als realistisch wahrnehmen könnte.

Gerüchten zu folge läuft die Spendenkampagne für den dritten DCM Film, die Aufklärungswelle schwappt mit aller Gewalt weiter durch das Internet und die internen Querelen toben weiter. Immer mehr Leute die zu Beginn Feuer und Flamme waren, wurden verheizt oder sind ausgebrannt und haben sich distanziert, die meisten Züchter wurden verprellt.

Quo Vadis DCM Aufklärung? Wohin geht die Fahrt, wohin die Reise? Ich glaube, ich möchte es in diesem Moment nicht wirklich wissen, denn ich habe das Gefühl, dass eine ursprünglich gute Idee dabei ist, in den Wellen die sie selbst geschlagen hat zu ertrinken. Noch im Juni 2014 hatte ich verkündet, dass ich die Nase voll habe von der Rasse, dass ich mich aus dem ganzen Geschehen zurückziehen und zu einem anderen Hund wechseln werde. In den darauffolgenden Monaten wurde mir klar, es ist nicht der Dobermann von dem ich genug habe, sondern es ist der aggressive Umgangston unter den angeblichen Rasseliebhabern, der mich in die Flucht getrieben hat. Dem Dobermann werde ich treu bleiben und meinen Teil beitragen. Sei es durch die Bereitstellung meiner gesunden Hündin für die Zucht, dem stetigen Dialog mit Züchtern und natürlich auch der weiteren objektiven Aufklärung auf unemotionaler Ebene.


Mittwoch, 25. Februar 2015

Fünf toxische Trainingspartner


 
Alleine Trainieren macht keinen Spaß und ohne den Austausch mit Trainingskollegen und ein ehrliches Feedback von außen kommt man auch sehr schnell in der Ausbildung ins Stocken. Wenn man weiterkommen möchte, braucht man Hilfe von anderen Sportlern, keine Frage. Doch leider gibt es nicht nur jene, von denen man profitieren kann, mit deren Hilfe man Probleme überwinden und sich weiterentwickeln kann. Ich möchte hier nicht über die Hundesportler schreiben, die anderen aus Böswilligkeit, Neid und anderen tieferen Beweggründen absichtlich schaden wollen und das Vorankommen der potentiellen Konkurrenz wissentlich sabotieren.

Aber es gibt auch die anderen, die die nichts Böses im Schilde führen und einem dennoch auf Dauer zum Einen als Ratgeber mehr Probleme bereiten, als sie beseitigen und zum Anderen als Hilfesuchenden den letzten Nerv rauben und somit jedes Training zur Frustveranstaltung werden lassen.

Ich denke jeder ist ihnen schon mal begegnet, den toxischen Trainingspartnern, zumindest einem von den fünf Archetypen auf die ich im Folgenden etwas genauer eingehen möchte.

 

Der 5 Minuten Profi

Der 5 Minuten Profi ist in erster Linie für Einsteiger ein sehr kritischer Trainingspartner, für erfahrene Hundesportler ist er meist nur eine Motivationsbremse und nervtötendes Trainingsanhängsel. Der 5 Minuten Profi ist selbst Neuling, aber in seiner eigenen Vorstellung hat er die Lehrjahre schon längst hinter sich gebracht, denn er hat sich belesen in dutzenden Büchern, im Internet informiert und da der Nachbar seines Großvaters das in seiner Kindheit auch schon gemacht hat, weiß es bestens Bescheid. Er weiß nicht nur alles, sondern er weiß alles besser. Obwohl sein erster eigener Hund gerade einmal vier Monate alt ist und noch nie in seinem Leben ein Apportierholz gesehen hat, könnte er einem Helmut Huber genau erklären, was er in seinem bisherigen Apportaufbau alles falsch gemacht hat.

Für erfahrene Hundesportler, die ihm beim Training helfen wollen, ist der 5 Minuten Profi ein Krafträuber, der die Energie aussaugt und die Geduld auf eine harte Probe stellt. Denn egal was er macht, Hilfe von außen braucht der 5 Minuten Profi nicht, denn er hat auf YouTube bereits ein Video dazu gesehen oder in einem Buch gelesen, wie es richtig geht. Alleine trainieren möchte er jedoch auch nicht, denn immerhin braucht jedes Genie Zuschauer, die seiner Brillanz huldigen. Das ist anstrengend und vor allem unbefriedigend, weil man im Grunde nur zusehen kann, wie er auf den Super GAU zusteuert, aber keine Einmischung duldet. Früher oder später steht der 5 Minuten Profi meist alleine auf dem Platz, weil irgendwann jeder Trainingskollege es leid ist, das Elend mitanzusehen und sich für angebotene Trainingshilfe und Tipps belehren und kritisieren lassen zu müssen.

Wirklich kritisch wird es, wenn ein Anfänger in den Sog des 5 Minuten Profis gerät und sich von seinem selbstbewussten Auftreten und dem vermeintlichen Wissen blenden lässt. Dann stolpern zwei Neulinge über den Platz von denen keiner eine Ahnung hat, wo lang es eigentlich gehen sollen, die sich aber beide jegliche Einmischung verbitten. Meist endet es damit, dass der Neuling irgendwann frustriert aufgibt und die Sportart wechselt, weil trotz Unterstützung eines vermeintlichen Profis keine Fortschritte zu erzielen sind. Der 5 Minuten Profi wird nichts daraus lernen, denn wenn seine Methoden nicht funktionieren ist er nicht kritikfähig genug, um einmal zu hinterfragen, ob das Scheitern vielleicht an ihm liegen könnte. Schuld sind in einem solchen Fall immer die anderen, die sein breites Fachwissen einfach nicht umsetzen konnten.

Eines jedoch kann man vom 5 Minuten Profi auf jeden Fall lernen, das schier unerschütterliche Selbstbewusstsein trotz vollkommener Ahnungslosigkeit.

 

Der „ja aber“ Suchende

Den „ja aber“ Suchenden findet man quer durch alle Ausbildungsstadien, vom Anfänger bis hoch zum erfahrenen Hundeführer wird man immer wieder diese Spezies von toxischen Trainingskollegen finden. Für Anfänger und Sportfreunde die auf der Suche nach Unterstützung bei ihrem Training sind, ist der „ja aber“ Suchende harmlos. Er hilft wo er kann und je nach seinem Wissen und Ausbildungsstand kann er als Unterstützung für andere gute Dienste leisten und eine Bereicherung sein. Für Trainer und Ausbildungswart ist der „ja aber“ Suchende jedoch ein Sargnagel par excellence. Denn für seine eigenen Trainingsprobleme nach der Grundausbildung ist der „Ja aber“ Suchende nicht wirklich an Lösungen interessiert, er sucht nicht nach Wegen zur Verbesserung der eigenen Leistung, er sucht nach Ausreden, wieso das Ganze jetzt gerade nicht so läuft, wie es sein sollte.

Wenn der Hund zögernd absitzt ist wahlweise der Boden oder das Wetter schuld, hält der Hund das Holz unruhig, liegt es am Holz und wenn der Hund unkonzentriert arbeitet liegt es am Spielzeug, den Mondphasen oder dem lila Elefanten, der am Morgenspaziergang den Weg kreuzte.

Er möchte zwar unterstützt werden und kleinere Tipps und Korrekturen dringen manchmal bis zu ihm durch, doch am großen Ganzen möchte er nichts ändern. Ihm ist durchaus bewusst, dass das Bild, das er und sein Hund abgeben nicht immer ideal ist, doch in seiner Vorstellung liegt das nicht an Ausbildungsfehlern, sondern stets an äußeren Einflüssen, die ihn und seinen Hund just in diesem Moment hemmen und behindern.

An seiner Ausbildungsweise und dem eigentlichen Können seines Hundes und auch seiner Person, zweifelt der „Ja aber“ Suchende keine Sekunde. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er bei schlechten Prüfungsergebnissen selten daran denkt, an bestimmten Übungen weiter oder mit veränderten Voraussetzungen zu trainieren, sondern eher nach dem idealen Richter, dem geeigneten Platz, dem passenden Helfer und dem besseren Wochentag für Prüfungen sucht.

 

Der Diktator

Der Diktator ist ein Relikt aus (noch nicht lange genug) vergangenen Zeiten, in denen es noch zum guten Ton gehörte, dass der Hund auf der Prüfung mit angelegten Ohren und eingekniffener Rute neben dem Hundeführer herschlich. Seine Arbeitsweise stammt aus einer Zeit, in der die einzige übliche Belohnung das Ausbleiben von Strafe war. Ausgebildet wurde über Zwang, Starkzwang und wenn das nicht ausreichte über sinnlose Gewalt.

Die Arbeit des Diktators sieht nie nach einem harmonischen Zusammenspiel zwischen Hund und Hundeführer aus, es ist ein ständiger Kampf. Es fallen ständig Begriffe wie „den Hund runtermachen“, „das muss er aushalten“, „dem zeig ichs schon noch“… ein Krieg gegen den eigenen Hund auf dem Trainingsplatz.

Für den Trainer der hier etwas Verständnis für moderne Ausbildungsmethoden wecken möchte, eine schier unlösbare Aufgabe. Man müsste meinen, dass der Diktator für Anfänger ein abschreckendes Beispiel und daher höchstens ein Ärgernis aber keine Gefahr darstellt. Doch bizarrer Weise findet auch in der modernen Zeit die Denkweise, dass ein Hund von Anfang an auch ohne jegliche Belohnung arbeiten muss, wieder vermehrt Anhänger. Zwar wird hier zu Beginn meist eine eher romantische Vorstellung von der Zusammenarbeit verfolgt, der Hund soll aus Liebe zum Hundeführer ganz ohne „Bestechung“ durch jegliche Belohnung arbeiten.

So harmlos es im ersten Moment klingen mag, der Weg zum Diktator ist nicht mehr weit. Zwar wird in den seltensten Fällen der Ungehorsam noch mit körperlichen Strafen sanktioniert, dafür greift man auf psychischen Stress zurück. Begonnen vom einfachen Ignorieren bis hin zur zeitweisen vollkommenen Isolation werden „gewaltfreie“ Strafen ersonnen, um dem Hund klar zu machen, dass er seinen Menschen mehr „lieben“ muss und doch bitte aus dieser besonderen Beziehung heraus, alles lernen und ausführen soll, um seinen Menschen glücklich zu machen.

 

Der Methodenhopper

Der Methodenhopper kennt sie alle, die großen Namen und ihre kleinen Trainingsweisheiten. Er war auf dutzenden Seminaren, hat mit Fuchs apportiert, mit Föry gefährtet und mit Lind Welpenprägung betrieben. Selbstverständlich hat er sich für die einzelnen Ausbildungsrichtungen nicht nur das notwendige Knowhow gesammelt, sondern sich auch mit dem entsprechenden Zubehör eingedeckt. Mit Feuereifer stürzt er sich auf seine neuen Erkenntnisse, um diese sofort in den Trainingsalltag aufzunehmen. Das Training vom letzten Monat war komplett veraltet und überflüssig, es wird alles auf die Erkenntnisse des letzten Meisters bei dem man in der Lehre (Seminar) war umgestellt.

Der Methodenhopper hat vieles gesehen, vieles gelernt, vieles ausprobiert und doch nie etwas zu Ende geführt und konsequent durchgearbeitet. Er mag immer die neuesten Erkenntnisse der einzelnen Seminarveranstalter kennen, doch was ihm fehlt ist der rote Faden in der Ausbildung, die Basis auf der sein Hund gearbeitet wird.

Helfen kann ihm beim Training im Verein kaum jemand, denn niemand war mit auf seinem neuesten Ausbildungswochenende und kann somit seine neuen Wege nicht nachvollziehen. Kritiker bedenkt er gerne mit einem mitleidigen Lächeln, da sie in seinen Augen nicht bereit sind, sich weiterzuentwickeln und ewig an einem überholten Trainingsansatz haften bleiben. Denn der Methodenhopper selbst hat ja auf seiner neuesten Bildungsreise gelernt, wie man es richtig macht. Würde dieser Trainingspartner auf einem seiner Seminarbesucher wirklich DIE Antwort auf seine Fragen finden, wären alle glücklich. Denn jeder Ausbilder freut sich, wenn ein Mitglied seinen passenden Weg in der Ausbildung findet. Doch leider gibt es den passenden Weg für den Methodenhopper nicht. Denn jeder neue Weg, ist der richtige – für den Moment.

Nach wenigen Wochen und anderen Erkenntnissen von einem neuen Guru, wird das Training wieder von Grund auf über den Haufen geworfen und komplett neu aufgezogen, denn Stillstand – auch in der Methodik – bedeuten den Tod des Fortschritts.

Darum kauft er heute Apportierholz und Apportierstachel nach Guru F, nach zwei Wochen wirft er beides auf den Müll und bestellt das Spezial Holz nach xy, das ebenfalls noch kurzer Zeit in Vergessenheit gerät, weil man auf einem neuen Seminar wieder eine andere, absolut einzigartige Methode des Apportaufbaus gelernt hat, die die einzig seligmachende Wahrheit vermittelt.

Der Hopper wechselt die Ausbildungsarten schneller als seine Trainingskollegen die Trainingsjacken und stürzt sich mit voller Begeisterung in jede neue Methode und verteufelt im selben Atemzug die bisherigen, da ihn ja keine davon zum Erfolg geführt hat.

Wer in die Obhut eines Methodenhoppers gerät, sollte große Vorsicht walten lassen. Zu schnell lässt man sich von den vermeintlich innovativen ganz neuen und einmaligen Ausbildungsideen mitreißen und verliert dabei den roten Faden und die individuellen Bedürfnisse des eigenen Hundes aus dem Blick. Es spricht nichts dagegen regelmäßig über den Tellerrand zu schauen und zu prüfen, ob man nicht einzelne Trainingsideen aus anderen Konzepten zum eigenen Repertoire hinzufügen kann, weil sie zum eigenen Hund passen. Aber wer sich vom Methodenhopper mitziehen lässt und heute nach X Morgen nach Z und am Mittwoch nach D trainiert, wird zwar viel kennenlernen und eine Menge Geld für Seminare und teils sinnbefreites Trainingszubehör ausgeben, eine belastbare, zuverlässige Ausbildung des Hundes, wird er jedoch nie zustande bringen.

 

Der Aufdreher

Den Aufdreher findet man vorrangig im Schutzdienst. Sein Credo für die Arbeit lautet „Trieb, Trieb, wir brauchen Trieb“. Je höher der Hund dreht desto besser. Ruhe wird überbewertet und Kontrolle braucht man zu Beginn auch nicht. Der Hund soll vor Vorerwartung am besten singen und an der Leine Pirouetten drehen, bis der Hundeführer ihn fast nicht mehr halten kann.

Schnell und willig soll der Hund beim Anblick des Helfers sein, die ganze Welt ausblenden und nur noch die Beute im Sinn haben. Der Aufdreher ist laut und schnell oft an der Grenze zur Hektik und gerade für Neulinge ist er ein Rattenfänger, denn in dieser Phase seiner Arbeit sieht alles einfach nach Spaß aus. Kaum Gehorsam, lautes Anfeuern, es geht schnell zur Sache und alle scheinen Spaß zu haben. Keine großen technischen Übungen, kein langes herumprobieren und keine langen Gehorsamsübungen, sondern den Hund hochdrehen und los geht es.

Bis eines Tages das bittere Erwachen kommt. Denn bei allem Spaß soll die ganze Übung ja irgendwann in der Prüfungsreife enden und dann kommt Phase zwei dieser Ausbildungsmethode. Zum Aufdrehen gehört nämlich auch das Runterschlagen und an dieser Stelle ist der Spaß vorbei und viele Anfänger komplett entsetzt. Die Frage, wie sie ihren komplett überdrehten Hund jemals wieder unter Kontrolle bringen wollen, haben sie erfolgreich verdrängt oder sie wurde vom Aufdreher mit einem lässigen „das kriegen wir dann schon“ auf später verschoben.

Die Kollision mit der Trainingsrealität trifft die meisten vollkommen unvorbereitet und lässt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Oftmals wird dieser Punkt zum Scheideweg der Sportlerkarriere. Starkzwang wird abgelehnt und der Versuch einen Hund der ein, zwei Jahre lang gelernt hat, beim Anblick des Helfers hysterisch zu werden, mit möglichst positiven Methoden wieder zur Ruhe zu bringen, wird nach einigen Monaten oftmals frustriert aufgegeben. Der Aufdreher zieht weiter und motiviert den nächsten Anfänger mit lauten und schnellen Aktionen dazu, den Hund ruhig mit ordentlich Trieb zu arbeiten.

Wobei man dem Aufdreher zugestehen muss, dass für ihn die alte Weisheit von Paracelsus zutrifft, die Menge macht das Gift. In kleinen Dosen genossen, kann er durchaus hilfreich sein, zum Beispiel um einen Hund aus einem Motivationstief zu holen oder generell auch einfach mal in anderen Erregungszuständen zu arbeiten.  Allerdings gilt hier eben wirklich, den „Spaß“ nur kontrolliert ablaufen zu lassen und klar zu trennen, was man gerade trainieren möchte.

 

….und nun wünsche ich allen dort draußen viel Spaß beim wöchentlichen Training und viel Glück, dass er von konstruktiven und kollegialen Mitsportlern umgeben ist und die toxischen Trainingspartner weitestgehend vermeiden kann.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Jörg Tschentscher "Kommando: Voran! Der Schutzhundesport im Fokus"


Unser erstes Buch – naja eigentlich ist es eher ein Heftchen, aber dazu später mehr – dreht sich um unseren Sport, den IPO Sport.  Aufmerksam wurde ich auf Jörg Tschentschers „Kommando: Voran!: Der Schutzhundesport im Fokus“ durch einen – zwischenzeitlich gelöschten - Aufruf auf Facebook in dem Herr Tschentscher ausgebildete IPO Hunde für eine Art Wesenstest suchte.

 

Neugierig geworden stöberte ich auf Amazon nach dem in der Ankündigung erwähnten Buch und wurde auch schnell fündig. Der Werbetext versprach ein Werk „Fachkundig und abseits jeder Polemik. An Fakten orientiert und mit investigativem Spürsinn entstand diese interessante Ausarbeitung.“

Immer an einer sachlichen Diskussion zum Thema Sport interessiert, drückte ich den Bestellknopf. Erst danach fiel mir auf, dass ich gerade 12,99€ für gerade einmal 80 Seiten „Buch“ bezahlt hatte. Na ja, kein Beinbruch. Sachliche Abhandlungen neigen oft dazu mit kleinem Schriftbild und ohne Bilder eine Menge Inhalt auf wenige Seiten zu bannen und Fachtexte neigen selten zum Schwafeln und verzichten gerne auf Füllsätze.

Am nächsten Tag lag das Heftchen im Briefkasten und bereits die Hoffnung auf das Layout wurde enttäuscht:  Großes Schriftbild, größere Absätze und noch größere Abbildungen. Bereits der Blick auf das Cover lässt die ersten Zweifel an der Objektivität aufkommen. Neben einer Schäferhund Silhouette  ziert ein Stachelhalsband eingebaut als O im Wort „Fokus“ den Buchdeckel. Das Vorwort einer Psychologin und freien Autorin schlägt in dieselbe Kerbe. So wir bei der Frage nach den Assoziationen beim Wort  Schutzhundesport der Fokus sofort weg vom Sport zum Hamburger Beißunfall gelenkt, bei dem der kleine Volkan getötet wurde. Plötzlich ist die Rede von „zerfetzten Kindergesichtern“ (Seite 6). Die Antwort, was zwei im Hinterhof illegal scharf gemachte American Staffordshire Terrier mit dem IPO Sport zu tun haben, bleibt die Dame dabei schuldig. Der Gedanke an das totgebissene Kind, bleibt jedoch im Hinterkopf.

 

Ebenso kryptisch setzt Autor Tschentscher das Buch fort und eröffnet mit einer Anekdote in der ein Riesenschnauzer einen seiner Hunde angriff. Auch hier wird die Relevanz für das Thema IPO nicht wirklich klar.

Macht der Autor die IPO Ausbildung verantwortlich für das aggressive Verhalten?

Glaubt der Autor der angreifende Riesenschnauzer hätte anders reagiert, wäre er im Agility geführt worden?

Unterm Strich ist es für den unvoreingenommenen Leser eine unglückliche Begegnung eines kleinen Hundes mit einem aggressiven Artgenossen, dessen Eigentümer veraltete Ansichten zum Thema Sozialverhalten hatte und der die Kontrollierbarkeit und Aggressionsbereitschaft seines Hundes beim Anblick kleinerer Artgenossen falsch eingeschätzt hatte. Nicht schön, aber nichts von alle dem besitzt einen pauschalen Kausalzusammenhang mit dem IPO Sport.

Weiter geht es mit Gesetzestexten unter anderem dem Hinweis, dass es laut Gesetz verboten ist, Tiere auf Menschen zu hetzen. Es ist auch gesetzlich untersagt andere Menschen mit Fäusten zu schlagen. Macht man dies jedoch in einem festgelegten Raum unter Aufsicht eines Richters, nennt man es nicht mehr Körperverletzung sondern Boxen und es wird zum anerkannten Sport. Generell beschleicht einen bei der Wortwahl immer wieder das Gefühl, dass der IPO Sport bereits in den ersten beiden Kapiteln an die Grenzen der Illegalität geredet wird. Wiederholt ergehen subtile Andeutungen, Vereine und Dachverband würden versuchen etwas zu verbergen…. Nur um es noch einmal in Erinnerung zu rufen, im Verkaufstext wurde eine sachliche Abhandlung ohne Polemik versprochen. Schon auf den ersten 20 Seiten wurde dieser Vorsatz bereits mehrfach gebrochen.

 

Auch beim Thema Gehorsam in Kapitel 3 geht es im selben Tenor weiter. Die Unterordnung wird per se schon fast als eine Art Strafaktion dargestellt und nicht als wichtiger Teil der sportlichen Prüfung angesehen. Tschentscher unterstellt, dass die meisten IPO Sportler noch immer nach der Devise „nicht geschlagen ist genug gelobt“ arbeiten. An dieser Stelle überlegt man als aktiver Sportler, ob der Herr die letzten Jahre mal einen IPO Platz betreten hat…. Denn wenn man so überlegt, was der durchschnittliche Trainingskollege an Equipment mit sich herumschleppt, das ausschließlich für die Belohnung sorgt – begonnen vom einfachen Ball über TopMatic, Ballwurfmaschinen und Futtermaschinen – muss man bei dieser Aussage dann doch mal kurz und herzlich lachen. Zwar kommt wie immer nach 20 Sätzen in denen geschildert wird, wie schrecklich Unterordnung und das zugehörige Training doch ist, ein Halbsatz zur Relativierung des Ganzen, dass doch mancher langsam beginnt anders zu trainieren. Ist man jedoch ein etwas unaufmerksamer Leser, geht dieser schnell unter.

Generell treibt die Sparte Unterordnung den Autor zu recht eigenartig anmutenden Assoziationen. So geht der erste Diskurs zum Milgram Experiment und schließlich geht der Vergleich zum DDR Bürger der sich eines Tages gegen seine Unterdrückung gewehrt hat und dies sei auch beim IPO Hund im Alter zu erwarten….

Ja ich musste das Kapitel mehrmals lesen, um Herrn Tschentschers Argumentation hier folgen zu können. So wie ich es verstanden habe, ist Unterordnung per se eine gewaltsame Unterdrückung des Hundes gegen die er sich früher oder später auflehnen wird. Der moderne Hund ist jener der in Symbiose lebt und kein Interesse daran hat, für den Menschen zu arbeiten. Denn es gibt wohl immer wieder unzählige alte Schutzhunde die sich auflehnen und aggressiv werden.

Öhm ja…

Schon fast ironisch wirkt es dann, dass der Autor am Ende des Kapitels das Grundgesetz zur Würde des Menschen zitiert. Eigentlich will er den Bogen über Bekoffs Erkenntnisse zur Würde des Hundes schlagen, doch mich beschleicht nach diesem Text immer mehr das Gefühl, dass Tschentscher die unantastbare Würde zwar dem Hund, aber wohl nicht dem IPO Sportler zuspricht.  Denn in nur drei Kapiteln ist man schon mittendrin im Gewirr aus Unterstellungen und Anklagen und den immer wieder süffisanten Seitenhieben – ich sage nur „Sichtschutzzaun“.

Um den Reigen der Vorurteile fortzusetzen geht es weiter mit den üblichen Starkzwangmitteln, die selbstverständlich nur in der IPO zu finden sind (Vorsicht Ironie) und Herrn Tschentschers etwas verschobener Vorstellung vom Aufbau des Schutzdienstes. Nein, der Hund wird nicht so lange mit dem Softstock geschlagen, bis er aggressiv nach vorne geht und die gespaltenen Klapperstöcke werden nicht im IPO sondern im Ringsport verwendet, hier wäre es angebracht, seine Recherchen ordentlich zu machen.

Das angesprochene Rangreduktionstraining hat nichts mit IPO zu tun, sondern ist ein etwas bizarres Erziehungsmodell das aus der „modernen“ Hundeerziehung stammt, weil Ignorieren ja die humanste und einzig erlaubte Strafe sein soll.

Zum Abschluss des vierten Kapitels gibt es noch einmal eine ausführliche Auflistung möglicher Starkzwangmittel und Strafvarianten, die – wie wir ja alle wissen – nur in der IPO vorkommen, denn kein Kleinhundehalter hebt seinen Hund an der Leine hoch und auch Mischlingshalter nutzen nie Moxonleinen, wenn der Hund zieht…. Falls sich an dieser Stelle jemand beschweren möchte, anders als der Autor habe ich nie versprochen, dass dieser Text nicht polemisch werden wird!

 

Die Theorie, dass der Canide von Haus aus zur Konfliktvermeidung neigt, ums ich selbst zu schützen, mag für Wildhunde und verwilderte Hunde zutreffen. Der Haushund, der mit allen Ressourcen im Überfluss versorgt wird, geht hier gern andere Wege. Ein Fakt den Ray Coppinger in seinem Buch „Hunde“ sehr aufschlussreich anhand der aufeinandertreffenden Populationen von Haushunden und Straßenhunden in Mexiko behandelte.

Und erneut muss in Kapitel 5 der Tod des kleinen Volkans in Hamburg als Argument gegen den IPO Sport herhalten. Im Anschluss kommt mein persönliches Liebling“problem“, eine Befürchtung die ich schon aus Kindertagen als Anti-IPO Argument kenne und die ich schon als 9jährige nicht verstanden habe. Nämlich die Gefahr, der Hund könne einen Gipsarm als Hetzarm missdeuten und herzhaft zupacken….

Wir trauen unseren Hunden so viel zu, nur zwei Kapitel weiter vorne verwies Tschentscher auf Becoff der die emotionalen und kognitiven Fähigkeiten in diversen Artikeln und Büchern beschreibt und auf einmal ist der Hund doch wieder nur ein dummes triebgesteuertes Tier, das den Unterschied zwischen dem Training mit Figuranten und den Passanten mit der Gipsschiene auf dem Bürgersteig nicht unterscheiden können soll?

Und es gibt gleich die nächste Batterie an Vorurteilen hinterher…. IPO Hunde leben im Zwinger, meistens auch noch allein, Spaziergänge gibt es nicht, nur zweimal die Woche zum Hundeplatz, kein Kontakt zu Artgenossen, Maulkorb, Unterordnung, so lange durch den Helfer bedrohen und schlagen bis er beißt und durch diese Vermischung aus sozialer Isolation, dem Aufbau der Aggression und Förderung des Beuteverhaltens werden sie gefährlich. Die Hunde können nicht auf Decken schlafen, weil sie diese aus Stress zerreißen und deshalb haben so viele IPO Hunde Liegeschwielen und am Ende des Absatzes brummt dem Leser der Schädel, weil man sich fragt, wie man so viele Klischees auf nur eine Seite packen und im Brustton der Überzeugung behaupten kann, sie seien Standard.

Die anschließende Erkenntnis, dass große ungestüme Hunde für Kinder generell gefährlich werden können, einfach auf Grund des Kräfteverhältnisses, ist nichts Neues und trifft genau so auf den Agility Hund zu. Aber mal wieder liegen solche Probleme nur im IPO.

Man bekommt bei Tschentschers Beschreibungen immer mehr den Eindruck, der normale IPO Hund lebe in einer Blase, die komplett von der Außenwelt abgeschirmt ist, ein Sportgerät, das man am Ende des Trainings einfach in eine schwarze Kiste sperrt und unter dem Bett verstaut, bis es wieder zum Hundeplatz geht. Mag sein, dass es diese Hunde auch heute noch gibt. Sieht man sich aber nur ein bisschen in der realen Welt um, sieht man die IPO Hunde beim Spaziergang mit der ganzen Familie und danach auf der Couch schlafen. Die Zeiten der „Maschine Hund“ sind vorbei, schon allein deswegen, weil man mit diesen Tieren keinen Blumentopf mehr gewinnen kann, weil die Richter heutzutage etwas anderes in der Prüfung sehen wollen. Ja die Argumentation ist arbeitsgebunden, denn die Tatsache, dass auch IPOler ihre Hunde schlicht lieben, wird einem doch eh niemand glauben.

 

Zu Herrn Tschentschers Schlussfolgerung zur Anzahl der beziehbaren Maulkörbe für Schäferhunde sage ich einmal nichts. Das gleiche gilt für die Sache mit der Beißstatistik…. Herr Tschentscher nennt in seiner Literaturliste auch die Dissertation von Dr. Roman Mikus der sich mit der Auswertung von Sachverständigengutachten nach Beißvorfällen beschäftigt hat. So führt Herr Tschentscher auf, dass hohe Welpenzahlen nicht zwangsläufig das Auftreten in der Beißstatistik in höheren Rängen bedingen. Als Beispiel nennt er den Dackel, der trotz hoher Wurfzahlen nur unter ferner liefen in der Statistik auftaucht. Hätte Herr Tschentscher die Dissertation genau gelesen, hätte er eine Antwort auf seine Frage. Dr. Mikus schlussfolgert, dass Beißvorälle mit kleinen Rassen auf Grund der geringen Verletzungen schlicht seltener angezeigt werden, als Vorfälle mit großen Hunden. Doch auf solchen Umwegen möchte der Autor wohl nicht denken. Der hohe Rang in der Beißstatistik erklärt sich durch die Ausbildung, der Deutschen Schäferhunde.

Woher die Überzeugung kommt, dass man neben der zwei Stunden IPO die Woche die restlichen 166 der Woche nicht anteilig nutzen kann, um dem Hund das Alltagsleben nahe zu bringen, ist mir unbegreiflich.

 

Sehr schön sind auch die Beschreibungen der Hundeführer die „solche“ Hunde führen und ausbilden. Im Grunde ist der durchschnittliche IPO Hundeführer nach dieser Auflistung eine Pfeife, die entweder zu wenig Selbstbewusstsein hat, ein Brutalo der seinen Hund unterdrücken will, ein Ewiggestriger der gerne Polizeihund spielt und seinen Hund auf Leute hetzen möchte oder ein Feigling der vom großen Hund zu seinem Schutz träumt.

Kurzum ein Dummkopf der keine Ahnung von seinem Hund und dessen Bedürfnissen hat. Wie war das noch gleich mit der Würde des Menschen… ach ich vergaß, das gilt ja nicht für IPO Sportler.

 

Im vorletzten Kapitel wird dann noch einmal tief in die Klischeekiste gegriffen und die „Ansichten“ der Bevölkerung geschildert. Von den Medien geprägte Bilder von zerfleischten Kindern und zähnefletschenden Schäferhunden werden heraufbeschworen, der IPO Sportler als „Gruppierung am Rande des Gesellschaft“ gesehen. Denn mit einem IPO Hund ist man offensichtlich ein Aussätziger in der heutigen Gesellschaft. Hierarchien sind per se etwas Böses und die Tatsache dass Anfänger sich Dinge erarbeiten müssen und sie ihnen nicht von alleine in den Schoß fallen, wird auch kritisiert. Natürlich kommt auch der obligatorische Sichtschutzzaun wieder in die Kritik und auch das Vereinsleben ist anscheinend per se ablehnungswürdig und nur dazu gedacht, den Mitglieder eine Gehirnwäsche zu verpassen und sie am selbstständigen Denken zu hindern.

Nur zur Erinnerung wir sprechen immer noch über Hundesportvereine und nicht über Scientology.

 

Natürlich kommt am Ende erneut das Plädoyer für den charaktersicheren Alltagshund und erneut bleibt Herr Tschentscher die Antwort schuldig, wieso dies zwar beim Agility Hund und auch beim modernen Obidience Hund möglich sein soll – wir erinnern uns in Kapitel 3 war die Unterordnung noch eine Art Nemesis – aber nicht mit dem IPO Hund.

 

…und am Ende sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Mir ist bewusst, dass das Buch aus bestimmten Richtungen mit Lob nur so überschüttet und von allen IPO Gegnern als „großer Durchbruch“ gefeiert werden wird. Fachkundig und ohne Polemik war hier jedoch leider nichts. Es gab erneut die Aneinanderreihung der üblichen Vorurteile und Unterstellungen, garniert mit ein paar Spitzen gegen Sport und Sportler. Nichts Neues auf den überteuerten bedruckten 80 Seiten, die Herr Tschentscher hier abgeliefert hat, aber es trifft den Zeitgeist und wird sich reißend verkaufen, da bin ich sicher. So lange Hund in der Öffentlichkeit nur die reißende Bestie oder das treudoofe Kinderspielzeug sein kann und nichts dazwischen, wird man sich wohl weiterhin mit solchen unreflektierten Abhandlungen auseinandersetzen müssen.

 

An dem Tag an dem sich ein Kritiker wirklich objektiv mit dem Thema auseinandersetzen möchte, denke ich steht jeder aktive Sportler gerne für eine konstruktive Diskussion zur Verfügung. So lange aber nur Herrn Tschentscher „Kommando: Voran!“ in den Bücherregalen steht, gehe ich in Ruhe für unsere Prüfungen trainieren und amüsiere mich darüber, dass diese Rezension fast genau so viele Zeichen enthält wie das Buch selbst, aber nur die Hälfte an Rechtschreib- und Grammatikfehlern.

Dienstag, 10. Februar 2015

Du, ich und das da

..oder wer wir eigentlich sind.




 

Früher habe ich ja in meiner gnadenlosen Naivität immer gedacht, dass es einzig und alleine auf den überprüfbaren und belegbaren Inhalt einer Aussage ankommt, um zu entscheiden, ob man zustimmt, noch einmal darüber nachdenken möchte oder sie schlicht ablehnt. Nach diversen Jahren im www ist mir in der Zwischenzeit bewusst, dass es für den Leser auch immer wichtiger wird zu wissen, wer diese Aussagen getroffen hat, da die Inhalte immer mehr mit dem Hintergrund des Autors und im Zusammenspiel mit dessen (vermuteten) Fachwissen abgeglichen wird, um einzuschätzen für wie aussagekräftig man die Statements bewertet.

 

Darum bleibt uns wohl nichts anderes, als uns hier kurz vorzustellen. Wir das sind Dobermannhündin Van da Hell Gracia Cardassia (*2012) Schäferhundrüde Ekko vom Domizil (*2009) und meine Wenigkeit (*1980).

 


Da das „Barks“ im Titel dieses Blogs vorne steht, fangen wir bei der Vorstellung auch bei den beiden Mitgliedern an, die die Geschichten und Ideen für diesen Teil der Blogeinträge liefern. Nach drei Hunden aus dem Tierheim zog zuerst Mr Ekko als Welpe vom Züchter hier ein.

Er sollte mein Sporthund werden, meine große Hoffnung einfach durchstarten zu können und Erfolg zu haben, egal in welcher Sparte. Ganz zu Beginn stand da noch die Überlegung im Agility Fuß zu fassen.

In erster Linie wurde dieser Hund eine Lektion. Eine Lektion darüber, dass im Leben nicht immer alles so läuft, wie man es gern hätte, dass das übliche Halbwissen meistens nicht mehr ausreicht um die gut propagierten Werbemythen rund um einzelne Zuchtrichtungen zu enttarnen und dass Züchter oftmals nur so lange Freunde sind, wie man ausschließlich nette Erfolgsgeschichten schreibt und nicht bei echten Problemen Hilfe benötigt.

Ekko wurde unter dem Werbeversprechen des gesunden, immer wesensfesten DDR-Blut-Schäferhundes gekauft, angepriesen als gemäßigte Alternative zur Westleistungszucht. Ein Hund mit dem man „sicher nicht zur BSP läuft, der aber ideal für Familie und Freizeitsport ist.“ Heute mit 5 Jahren ist Mr Ekko ein Riese mit 72cm Stockmaß, einem extremen Beutetrieb, sehr niedriger Frustrationstoleranz, hoher Stressanfälligkeit und massiver territorialer Aggression. Ein Hund der auf Grund von HD, CES, beginnender PRA und einem Herzfehler sportlich nirgendwo Fuß fassen kann, ohne seine Gesundheit zu gefährden und der auf Grund mangelnder Wesensfestigkeit auch im Alltag nicht immer leicht zu führen ist.

 

Cardassia wurde mit größerem Hintergrundwissen gekauft und ausgesucht, nicht nach Werbeversprechen und Rassemythen. Eine junge dynamische Hündin, die es einem mit ihrer quirligen und sprunghaften, oftmals leicht respektlosen Art in der Ausbildung auch nicht immer einfach macht, die jedoch ihren Weg im IPO Sport gehen wird.

Mit bisher tadelloser Gesundheit und einem offenen freundlichen Wesen, hüpft die kleine leicht überdrehte Hündin durch ihre Welt.
 

 

Und dann bin da noch ich….

An dieser Stelle stellt sich die Frage, was ist für einen Blogleser da wirklich interessant und vor allem relevant, für die Artikel, die er hier im Folgenden lesen wird? Der Universitätsabschluss in Literaturwissenschaft und Psychologie? Die Arbeit für Zeitschriften, Tageszeitungen und Radio?

Oder doch eher meine Erfahrung im Umgang mit Hunden, die aktiven Jahre als ehren- und hauptamtlicher Tierheimmitarbeiter, das Training und die Zusammenarbeit mit diversen Trainern aus verschiedenen Denkungsrichtungen und Sportarten, die Jahre lange Erfahrung mit der Rohfütterung?

Oder wir fassen einfach zusammen wo wir jetzt stehen…  Nach Studium, Arbeit als Journalistin, einem Ausflug in die Tierschutzarbeit, die Welt des Agility und Bekanntschaften und Seminaren mit namhaften Trainern von animal learn Erfinderin Clarissa von Reinhardt über Günther Bloch und Udo Gansloßer bis hin zu Hans Schlegl und Edgar Scherkl, bin ich mit Cardassia wieder im SV gelandet als aktiver IPO Sportler. Der Journalismus ist einem bodenständigeren Job gewichen, was nicht zuletzt den Umbrüchen in der Medienlandschaft zu schulden ist, die den Journalismus und die Medien nicht unbedingt zu deren Vorteil verändert haben. So sind dieser Blog, gelegentliche Artikel in Fachzeitschriften und das 2014 veröffentlichte Buch „Vier Pfoten auf Bewährung“ die letzten Überbleibsel aus der Journalismus Zeit.

 

In diesem Sinne… Allons-y
 
 

Samstag, 7. Februar 2015

Wer als Journalist versagt....

...geht unter die Blogger.
Oder wie war das noch gleich?

Ok ganz so schlimm sieht es in der Realität nicht aus, aber nachdem die Themen für die sich die Presse und ganz besonders die Sparten rund um das Thema Hund interessieren, sehr begrenzt sind, bietet der Blog doch eine schöne Abwechslung, um sich auch mal anderen Dingen zu widmen.
Dingen die einem gerade auf dem Herzen brennen oder auch kontroverse Themen, die den Printmedien zu wenig schwarz-weiß sind, um sie der breiten Leserschaft zu präsentieren.

Wieso Barks 'n Books?
Weil es die beiden Hauptthemen sein werden, die man hier in den kommenden Beiträgen vorfinden wird. Hunde, das Leben mit Hunden und Buchrezensionen.... Sie haben es erraten, auch meist zum Thema Hund.

In diesem Sinne wünsche ich in Zukunft viel Spaß beim Schmökern.