Samstag, 26. Dezember 2015

Der Feind trägt Weiß



Es ist psychologisch erwiesen, dass nur wenig das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Gruppe derart stärkt, wie ein gemeinsames Feindbild. In der Hundehalterwelt gibt es viele „Feinde“ die nur darauf lauern, einem selbst und dem geliebten Vierbeiner das Leben schwer zu machen. Liest man sich aktuell die Beiträge vieler Hundebesitzer in diversen Foren durch, erkennt man, dass sich gerade ein neues Feindbild herauszukristallisieren beginnt und der neue Feind trägt Weiß

Immer öfter beschleicht den geneigten Leser der Eindruck, dass Tierärzte für immer mehr Hundehalter die Inkarnation des Bösen verkörpern. Sie sind dumm, unflexibel, geldgeil und trachten den lieben Vierbeinern doch nur nach dem Leben, um an ihren Leiden zu verdienen.
Vorab, auch ich bin bereits auf Tierärzte getroffenen, bei denen man sich bisweilen fragte auf welchem Schwarzmarkt sie ihren Doktortitel gekauft haben, allerdings gibt es in jeder Profession nun mal Pfuscher, die ihren Beruf nicht beherrschen.

Doch darf man den Aussahen mancher Hundebesitzer Glauben schenken, sind dies nicht die unrühmlichen Ausnahmen, nein, die Majorität der Tierärzte sind schwarze Schafe. So eröffnet jeder Tierarzt direkt nach dem Studium eine eigene Praxis, angegliedert an das neugebaute Wohnhaus in Kingsize Größe – bezahlt von dem Geld, dass er den armen Patientenbesitzern aus der Tasche gezogen hat – und in der Auffahrt steht selbstverständlich mindestens eine S-Klasse, die allerdings nur der Praxisputze gehört, denn mit einem solch armseligen Gefährt würde sich ein Tierarzt nie zufriedengeben.

Wehe dem unbedarften Hundebesitzer, der sich in eine Praxis verirrt. Viele erfahrene Hundebesitzer warnen online bereits eindringlich davor, dem Feind in Weiß auch nur ein einziges Wort zu glauben und wer nicht die einzelnen Posten der GOT auswendig herunterbeten kann, sollte sich hüten irgendetwas zu bezahlen, was er nicht von einem Anwalt hat prüfen lassen. Und liest man sich durch die diversen Beiträge, scheinen Tierärzte auch komplett überflüssig zu werden. Jeder zweite Hundetrainer hat plötzlich – ebenso wie viele Tierschützer – plötzlich die magische Gabe, Gelenkerkrankungen durch bloßes Hinsehen zu erkennen, Röntgen oder gar CT überflüssig und für eine Herzuntersuchung gibt es bei Amazon ein Stethoskop zu kaufen, hören kann ja jeder. Für jede Krankheit vom Analdrüsenkrebs bis zur Zyste gibt es die Online Ferndiagnose der dutzenden allwissenden Hundeprofis in Foren und auf Facebook und sind diese sich einmal uneinig oder gar unsicher, findet sich immer ein ganz Gewiefter, der Dr. Dr. Google und Chefarzt Wikipedia zu Rate ziehen und bei Bedarf ganze Absätze aus ihren virtuellen Fundstücken zitieren, ohne auch nur einen Halbsatz daraus verstanden zu haben.

Generell wundert man sich beim Lesen vieler Vorstellungen vom idealen Tierarzt doch, wieso anscheinend kaum ein Tiermediziner diesen paar Wünschen entsprechen kann. Was will der gemeine Hundehalter denn schon großartig? Eine Praxis, die so zentral gelegen ist, dass man sie jederzeit auch ohne eigenes Auto erreichen kann und natürlich muss an 365 Tagen 24 Stunden lang jemand dort auf einen warten. Natürlich sollte ein Besuch mit dem kranken Hund auch Samstagabend ohne Termin möglich sein und wenn man mal wochentags kurz vor Mittag in die Praxis stürmt, kann es nicht sein, dass man länger im Wartezimmer sitzen muss, als es dauert, dass die Praxisgehilfin die Akte des Hundes im Computer heraussucht. Regelmäßige Fortbildungen sollten selbstverständlich sein, schließlich muss sich der Dorftierarzt auf allen Gebieten auskennen, von der Augenuntersuchung des Zwerggekkos über die Herzdiagnostik beim Cavalier King Charles Spaniel bis hin zur künstlichen Befruchtung beim Koi sollten Wissen und Fertigkeiten schon reichen. Spezialisten sind – wie bereits erwähnt – geldgeile Halsabschneider, die niemand wirklich braucht, ein guter Tierarzt kann das alles und noch mehr, unser Zahnarzt kann schließlich auch unsere Sehstärke messen und Hautkrebs diagnostizieren. Auf keinen Fall sollten Tierärzte Futter verkaufen oder gar Medikamente verschreiben, denn all das dient nur der Gewinnmaximierung. Von Fütterung haben sie sowie so und nie Ahnung, da sie alle von der Industrie geschmiert werden, natürlich außer dem einen Tierarzt, der zufällig genau die Futtersorte vertreibt, die man selbst gut findet.

Ja es ist nicht leicht, einen guten Tierarzt zu finden, also seit gewarnt, liebe Hundehalter! Solltet ihr feiertags um 4 Uhr morgens in die Praxis kommen und nach einer eingehenden Untersuchung, einem großen Blutbild, einem Ultraschall und drei digitalen Röntgenaufnahmen mehr auf der Rechnung stehen, als 50€, dann ist irgendetwas falsch gelaufen.  Wer sich also unsicher ist, ob sein Tierarzt ein heimtückischer Abzocker ist, der eventuell gerade die fünfte Fehldiagnose in Folge gestellt hat, der soll um Himmelswillen nicht das vertrauliche Gespräch mit dem Veterinär seines (bisherigen)Vertrauens suchen, sondern soll sich dringend auf Facebook oder ins nächste Hundeforum begeben. Dort wird sich immer mehr als ein User finden, der zu allen Risiken und Nebenwirkungen schnell den richtigen Google Link oder den passenden Wikipedia Artikel findet und einen mit dem eigenen Pseudowissen endgültig komplett verunsichert.

Und nur um sicher zu gehen hier noch der Warnhinweis:

Achtung dieser Text könnte Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten! Mögliche Nebenwirkungen: Verwirrt sein, persönlicher Groll und gekränktes Ego.


Samstag, 5. Dezember 2015

Das große Schweigen


Die Schweigepflicht gehört untrennbar zu bestimmten Berufsgruppen und auch im Zwischenmenschlichen wird das Schweigen noch immer zu den Tugenden gezählt. Höflich, diskret und in der Hundewelt so unendlich töricht.


Schon Sierra Milton schrieb 2004 einen Artikel mit dem (eingedeutschten) Titel „Omerta oder das Schweigen der Züchter“ in dem sie das Verschweigen von Erbkrankheiten unter den Rassehundezüchtern anprangerte. Viel geändert hat sich in den 11 Jahren die seit Erscheinen ihres Artikels vergangen sind anscheinend nicht. Zwar gibt es immer mehr Züchter, die sich Aufklärung und Offenheit auf die Fahnen geschrieben haben – auch wenn ihnen diese Ehrlichkeit selbst zum Nachteil gereicht – aber noch immer hüllen sich viele in Schweigen.


Doch nicht nur in den Reihen der Züchter hüllen sich viele in Schweigen, auch unter den normalen Hundehaltern gilt für viele die Weitergabe von Informationen und Daten schon fast als Sakrileg. Kann man es beim Züchter noch irgendwo nachvollziehen, auch wenn man es nie gutheißen kann, dass Geschwiegen wird um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen oder finanzielle Einbußen zu verhindern, wundert einen das verbissene Schweigen beim Privathundehalter umso mehr. Die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen werden gebunkert und als Verschlusssache behandelt, niemand soll erfahren, wie es im inneren aussieht.
Ein paar verschwommene Andeutungen sind das höchste der Gefühle, was weitergegeben wird. Sehr schönes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Bei der Diskussion rund um eine rückläufige Erbkrankheit der Rasse Dobermann, berichtete eine Dame, man müsse die Krankheit ernster nehmen, ein mit ihr befreundeter Züchter hätte die Zucht eingestellt, da er mehrere Hunde auf Grund dieser Krankheit hätte einschläfern müssen und auch die Nachzucht betroffen war. Auf die Antwort nach dem Namen der betroffenen Zuchtstätte und der verstorbenen Hunde, warte ich bis heute vergebens. Nachfragen werden strikt ignoriert und somit wird einem jegliche Möglichkeit genommen, sich weiter zu informieren.


Gleiches gilt für die Sterbedaten von Hunden. Gerade in einer Zeit in der die DCM Thematik für viele Dobermannbesitzer zum Alltag gehört und sie oftmals die zentrale Frage beim Kauf des nächsten Hundes darstellt, gibt es kein größeres Problem, als das beharrliche Schweigen vieler Menschen. Die Schere der Reaktionen klappt an dieser Stelle erschreckend weit auseinander. Während manche die Krankheit ihrer Hunde öffentlich regelrecht zelebrieren, schweigen sich andere komplett darüber aus. Die Daten von erkrankten Hunden verschwinden, ebenso wie der betroffene Hund früher oder später und die Besitzer schweigen.


Mag sein, dass der ein oder andere Repressalien von Seiten des Züchters befürchtet, doch wieso sich der Rest in Schweigen hüllt, wird wohl immer ihr Geheimnis bleiben. Vielleicht haben sie Angst, dass schlechte Gesundheit oder Leistungsschwäche auch ein schlechtes Licht auf sie als Halter werfen könnte, wer weiß.
Manche nutzen ihr Wissen auch als kindische Machtdemonstration, um den weniger Wissenden eine Nase zu drehen, sie mit dem geheimen (vermeintlichen) Wissen locken und es ihnen dann nur vorzuenthalten, um die eigene Position zu stärken.


Wie man es dreht und wendet, einen vernünftigen, erwachsenen Grund für das Schweigen gibt es nicht. Das Leben wäre so viel einfacher, wenn sich endlich alle an diesem Punkt dazu durchringen könnten ehrlich mit den Themen umzugehen. Wissen ist sicherlich auch in diesem Fall Macht, eine Macht die man nicht missbrauchen sollte und die man nur nutzen kann, wenn sie mit möglichst vielen Personen geteilt wird.


Es bleibt zu hoffen, dass sich das Schweigen nicht wieder weiter ausbreitet und objektive Informationsweitergabe zwischen Hundehaltern nicht per se als Tratsch oder gar üble Nachrede abgewertet wird.  Sollte sich diese Haltung nicht ändern, gibt es wohl für die Zukunft vieler Rassen und ihrer Halter nur ein mögliches Ende und an dieser Stelle sei es gestattet Brecht zu zitieren, der dafür die wohl passendsten Worte gefunden hat:


Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Sonntag, 22. November 2015

Thomas Baumann - Mehrhundehaltung... gemeinsam zu mehr Harmonie


Unser siebtes Buch.

Baumann gehört in der Hundeszene immer noch zu meinen Lieblingsautoren. Der ehemalige Diensthundeführer zeigt in seinen Büchern immer einen starken Hang zum Realismus, keine selbsterdachten Philosophien mit pseudoesoterischen Anleihen, kein moralinsaurer Unterton und auch keine übertrieben emotionale Sichtweise. Sondern einfach nur eine objektive Herangehensweise an die Probleme unter Berücksichtigung der klassischen Lerntheorie.

In diesem Buch widmet sich Baumann den Vorteilen und auch den Problematiken der Mehrhundehaltung. Einem Thema, das auch nach Ansicht des Autors immer mehr zu einem Modethema wird, da der Trend immer stärker zum Mehrhundehaushalt geht.
Baumann beginnt ausführlich mit den möglichen Integrationsmodellen. Welche Möglichkeiten gibt es um Einzeltiere in bestehende Gruppen zu integrieren, wie führt man Gruppen zusammen. Baumann nimmt sich Zeit, genau aufzuschlüsseln wieso welche Tiere in welcher Reihenfolge zusammengeführt werden und wieso die Auswahl der Reihenfolge in einigen Fällen entscheidend für den Erfolg der Vergesellschaftung sein kann.

Im weiteren Verlauf beschäftig sich Baumann mit der Aufwand Analyse für den Mehrhundehaushalt. Was muss Hund mitbringen für ein erfolgreiches Gruppenleben, welche „Kosten“ hat das Leben im Mehrhundehaushalt für den einzelnen Vierbeiner und vor allem, was bedeutet dies im Zusammenleben für den betreuenden Menschen. Was muss Mensch an Organisation und Kontrolle leisten können, um ein Gelingen der Mehrhundehaltung sichern zu können? Dem stellt Baumann im Folgekapitel die Nutzen des Lebens in der Gruppe für die einzelnen Individuen gegenüber.
All dies begleitet Baumann durch sämtliche Kapitel mit ausführlichem Bildmaterial und Beispielen aus seiner Berufspraxis.

Besonders warnt Baumann erneut vor den Auswirkungen von überholten Alphatheorien aber auch vom Festhalten an allgegenwärtigen Patentlösungen. Es wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Beziehungen zwischen den Individuen immer so speziell betrachtet werden müssen, wie die Individuen selbst. In Kombination mit den Wechselwirkungen der Gruppendynamik verbieten sich pauschale Lösungsansätze im Grunde von selbst.
Auch mahnt Baumann an, sich nicht von der Vorstellung vom Rudeltier Hund und dem neuen Trend zur Mehrhundehaltung dazu hinreißen zu lassen, dass ausnahmslos jeder Hund mit einem oder mehreren Artgenossen in seinem Haushalt glücklicher ist.

Auch dem alltäglichen Spaziergang widmet Baumann ein eigenes Kapitel. Er gibt Tipps zu Struktur und alltagstauglicher Erziehung und regt Beschäftigungsmöglichkeiten für die ganze Gruppe oder auch einzelne Mitglieder an. Baumannkenner wird es nicht verwundern, dass in diesem Kapitel – wie in fast jedem seiner Bücher – sein ZOS-Training vorgestellt wird.

Den Abschluss bildet ein mehr als ausführliches Kapitel mit Beispielen aus Baumanns Berufsalltag. Insgesamt werden zehn Problemstellungen mit verschiedenen Gruppenstärken, beteiligten Rassen und Ausgangslagen genauer vorgestellt und besprochen.

Im Großen und Ganzen klingt die Zusammenfassung sehr positiv und man muss Baumann auch zugestehen, dass er erneut ein wichtiges und aktuelles Thema mit qualitativ hochwertigem Wissen seinen Lesern präsentiert hat. Die große Schwachstelle des Buches präsentiert sich jedoch sehr deutlich am letzten Kapitel. Baumann tendiert in diesem Buch sehr stark dazu die Theorie mit vielen Beispielen zu umkleiden. Das letzte Kapitel, das einzig aus Beispielanalysen besteht aus 85 Seiten, in einem 287 Seiten Buch. Zieht man das diesmal sehr großzügig verwendete Bildmaterial, das Beispielkapitel und die im laufenden Text ständig verwendeten Beispiele ab bzw. würde sie auf ein notwendiges Minimum reduzieren, könnte man „Mehrhundehaltung“ mit Leichtigkeit auf die Hälfte des vorliegenden Buchblocks reduzieren, ohne etwas vom relevanten Inhalt zu verlieren. Bei einem Neukaufpreis von 39€ beschleicht einen phasenweise leider das Gefühl, als hätte man versucht möglichst viele Seiten zu füllen, um den Preis zu rechtfertigen. Die präsentierten Inhalte sind richtig und wichtig, aber die Frage muss erlaubt sein, ob sie nicht besser als mehrere Kapitel im Rahmen eines größeren Buches, oder als kleinere gestraffte Ausgabe präsentiert worden wären. Man sollte Baumanns Aussagen, Ideen und Problemlösungsansätze zum Thema Mehrhundehaltung gelesen haben, aber ich kann dennoch jeden Leser verstehen, der durch den Preis etwas verstimmt ist.


Als nächstes Buch auf der Leseliste:
Hellmuth Wachtel – Hundezucht 2000

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Bruder DV schläfst du noch...


…schläfst du noch? Hörst du nicht die Glocken, hörst du nicht die Glocken? Ding, Ding Dong…

In anderen Vereinen haben sie schon die neue Ära eingeläutet. Selbst der SV der weithin als DAS Sinnbild schlecht hin für verstaubte Altherrenriege gilt, schafft Schritt für Schritt den Weg in die Neuzeit. Neue Trainingswege, flächendeckend zugängliche Informationen rund um Zucht, Sport und Gesundheit dank den neuen Medien und offene Diskussionen rund um Probleme der Rasse, all das hält Einzug in den anderen Vereinen und Verbänden.

Und der DV? Der scheint hinter einer Dornenhecke noch im Dornröschenschlaf zu schlummern und von alle dem nichts mitzubekommen.

Egal ob in Bereichen der Gesundheit, der Ausbildung, der Zucht oder der schieren Bereitstellung von Informationen, der DV verschläft die Zeichen der Zeit und während andere fleißig ihre Internetseiten bearbeiten, um Mitgliedern und Rassefreunden immer die neuesten Informationen breitzustellen, dreht man sich im DV noch einmal um und zieht sich die Decke über den Kopf.

Es ist derzeit schlicht nicht möglich, vernünftige Informationen rund um Veranstaltungen des DV zu bekommen. Und dabei geht es hier nicht um kleine Ortsgruppenprüfungen in Hinterdupfing oder Spaßturniere, selbst bei der LGA grenzt es an Glück, wenn man als Nicht-Starter erfährt, wo und wann diese stattfinden. Davon vorab eine Liste der Teilnehmer zu finden, darf man nicht einmal träumen.

Wer es trotz der schlechten Nachrichtenlage auf eine Veranstaltung schafft, bekommt ein breites Leistungsspektrum präsentiert. Auf der einen Seite sieht sehr ansprechende moderne Arbeiten von gut ausgebildeten Hunden, auf der anderen sieht man Teams, bei denen man sich fragt, wie sie jemals auch nur eine Ortsgruppenprüfung bestehen konnten. Dabei hat man nie den Eindruck, dass Hund und Hundeführer einfach nur einen schlechten Tag oder schieres Pech hatten, man sieht die Spuren von längst überholten Ausbildungsmethoden und Zielen. Endgültig vom Glauben fällt man jedoch ab wenn der Leistungsrichter bei der Beurteilung eines startenden Kollegen zum Drei-Punkte-Richter mutiert und mit größter Anstrengung mehrmals einen Abbruchgrund während der Prüfung übersieht. Ein Wort der Warnung sei an dieser Stelle auch an all jene Zuschauer gerichtet, die sich bei der Prüfung ablenken lassen oder noch schlimmer, gar nicht erst angereist sind: Auf die Online-Präsentation der Prüfungsergebnisse werdet ihr vergeblich hoffen. Wer also wissen möchte, wieso Hund X Punktezahl Y bekommen hat und vor allem, welche Punktzahl das im Einzelnen war, muss persönlich und mit wachen Ohren vor Ort sein.

Generell beschleicht den Sportler das Gefühl, dass das Thema Dobermann als Gebrauchshund beim DV keine besondere Relevanz mehr hat. Wieso man den letzten verbliebenen Sportlern, die der Rasse noch die Treue halten und nicht ganz modern einen Mali am Strick führen,  das Leben so schwer macht und ihre Leistungen so wenig würdigt, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben.

Ebenso unbegreiflich wird der derzeitige Umgang des DV mit dem Thema Rassegesundheit bleiben. Es ist verständlich, dass man sich angesichts der massiven Attacken und der breitangelegten Hetze gegen den Verein vorsichtig mit öffentlichen Äußerungen geworden ist. Das unangemessene Benehmen der Gegner kann aber keine Entschuldigung dafür sein, dass sich der DV wie die Schildkröte in den Panzer zurückzieht und alle Probleme einfach leugnet. Niemand erwartet, dass der Vorstand morgen wie der Deus ex Machina aus dem Nichts auftaucht und die Antwort auf alle Fragen inklusive der erhofften Lösung aus dem Ärmel schüttelt. Es würde den Meisten bereits reichen, würde einmal jemand öffentlich Stellung beziehen und den derzeitigen Status der Rasse als problematisch anerkennen. Doch bisher hat niemand aus den offiziellen Rängen eine Bereitschaft zum Dialog signalisiert. Züchter und Welpenbesitzer werden mit ihren Erlebnissen und Ängsten alleine stehen gelassen. Statt gemeinsam geschlossen in die Zukunft zu gehen und gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten, schottet man sich immer weiter von der Basis ab und harrt der Dinge, wohl in der Hoffnung, dass all das, wie ein böser Traum, von alleine vorübergehen wird.

Und für den Dobermannfreund bleibt nur eins zu tun. Er steht vor der Dornenhecke, die den DV umwuchert und hofft, dass eine neue Vorstandsgeneration endlich den Prinzen hervorbringen wird, der den jahrelangen Schlaf beenden wird, denn der Glockenschlag von außen verhallt bisher ungehört. Ob es die märchenhafte Wende noch geben wird… viele zweifeln immer mehr, viele sind bereits verzweifelt und haben der Rasse den Rücken zugekehrt.

Und ich… ich möchte glauben.
Ich möchte glauben, dass es für den Dobermann eine Zukunft gibt. Eine Zukunft, in der er wieder als zuverlässiger und leistungsstarker Gebrauchshund bekannt ist. Eine Zukunft, in der man nicht ab dem Welpenkauf in der ständigen Angst vor DCM lebt.

Ich möchte glauben, aber der schlafende DV macht es mir fast unerträglich schwer.
 

Montag, 12. Oktober 2015

Milan Hoyer, Klaus Jadatz – Fährtenarbeit


Unser sechstes Buch.

Ich möchte an dieser Stelle ein kleines Vorwort vorausschicken. Ich gehöre zu den IPO Sportlern, die leidenschaftlich gerne Fährten gehen. Wenn Arbeit und Gelände es zulassen, bin ich jeden Tag die Woche in den Feldern unterwegs, spieße Fährtenschilder in die Erde, trample durch die Wiesen und lasse Gegenstände fallen. Das Fährten ist allerdings immer noch ein wenig das Stiefkind unter den IPO Disziplinen, ein notwendiges Übel, auf das Viele gerne verzichten würden.
Aus diesem Grund freue ich mich immer ganz besonders, wenn es neue Bücher zum Thema Fährte gibt. Geben sie mir doch die Hoffnung, dass man Neueinsteigern von Anfang an eine Hilfestellung bieten kann. Denn verläuft der Einstieg positiv macht meist auch der Sport Spaß.

An dieser Stelle kommt das neue Buch von Hoyer und Jadatz ins Spiel. Im Untertitel wird „Fährten lernen ohne Stress und ohne Zwang“ versprochen. Milan Hoyer gilt in weiten Kreisen als der Fährten Papst und mit entsprechend hohen Erwartungen habe ich das kleine Büchlein gekauft.

Auf 96 Seiten stellt Hoyer seine ganz eigene Methode zum Fährtenaufbau vor. Kleinschrittig und gut verständlich wird das Herangehen an die Ausbildung geschildert, von der Vorarbeit im Grundgehorsam, über die Vorbereitung des Futters für die Fährte und die ersten Schritte im Geruchsfeld bis hin zum schrittweisen Aufbau der ganzen Fährte bis zur Prüfungsreife. All das ist eingängig und leicht nachvollziehbar in logisch auf einander aufbauenden Schritten beschrieben und gibt dem Leser einen sehr schönen Einblick in die Arbeitsweise von Milan Hoyer.

Wirklich begeistern und mitreißen kann mich das Buch jedoch nicht und auch bei einer allgemeinen Empfehlung an andere Fährteninteressierte, hätte ich etwas Bauchschmerzen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen der kleine – allen Schreibern und Sportlern eigene – Fehler, eigene Vorlieben mit einer Pseudobegründung  als absolut logische und allgemeingültige Schlussfolgerung darzustellen, Im Fall von Hoyer ist dies das Suchen am Halsband ohne Geschirr. Die Begründung, der Hund könne sich beim Geschirr schneller in der Leine verheddern beim Suchen und deshalb würde darauf verzichtet, halte ich persönlich einfach für eine Ausrede, um die eigene Vorliebe fürs Suchen am Halsband zu untermauern. Ob und wie schnell sich der Hund in die Fährtenleine wickelt, dürfte eher mit dem Material der Leine und dem Geschick des Hundes zusammenhängen, als mit der Frage ob die Leine am Halsband oder am Geschirr hängt.
Aber das ist eher eine kleine Nebenbaustelle, die ich mit einem Lächeln zur Kenntnis nehme, findet man sie doch in jedem Sportratgeber von namhaften Sportlern. Deutlich schwerwiegender finde ich, dass die beschriebene Methode zeitlich wie finanziell sehr aufwändig und nicht sehr flächenschonend ist.

Ich gehöre zu den Menschen, die gerne spontan Fährten gehen, die sich bei passendem Wetter und ein paar freien Stunden mit Kollegen am Nachmittag verabreden und hinaus ins Fährtengelände ziehen. Nach Hoyers Methode ist dies gerade am Anfang nicht machbar. Es wird genau beschrieben, wie das Futter zur Bestückung der Fährte am Vortag vorbereitet werden muss. Für eine Fährte benötigt  man entfettetes Rinderhack, gemischt mit Hähnchenbrust oder ähnlichem im 900g Pack. Kauft man nicht gerade in der Billigpreisecke beim Discounter kostet die Fährte damit schnell 6€ aufwärts pro Suchdurchgang. Hinzukommt, dass Hoyer schon zu Beginn sehr lange Liegezeiten für die Geruchsfelder empfiehlt. Am schwerste wiegt an dieser Stelle jedoch meiner Meinung nach, dass man sich mit der beschriebenen Legeweise jeden Landwirt zum Feind macht, der einem einmal erlaubt, seine Wiesen zu nutzen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass man deutliche Bodenverletzungen erzeugen soll und betrachtet man die Fotos, wird all jenen die auf ein friedliches Miteinander von Landwirten und Fährtengängern bedacht sind, flau im Magen. Wiesen auf denen ein derartiger Flurschaden angerichtet wird, dürften sich an den betroffenen Stellen auf Wochen nicht erholen.

Traurig stimmt mich bei dem Buch aus, dass der Hundeführer im besten Fall als unnützer Störfaktor wahrgenommen wird. Aus diesem Grund werden Hunde – laut Buch – auf den Seminaren auch zuerst von Hoyer persönlich geführt, bevor der Besitzer die Leine wieder in die Hand bekommt. Im schlimmsten Fall ist der Hundeführer sogar der große Stressfaktor und Angstauslöser für den Hund, der das Fährten (fast) unmöglich macht. Ich muss gestehen, dass mir diese Sichtweise als Ausgangspunkt massiv widerstrebt und ich Hund und Hundeführer viel lieber als Team sehe, die sich gemeinsam einer Aufgabe stellen und gemeinsam diese wundervolle Teildisziplin der IPO erarbeiten.

Den Abschluss des Buches machen dann ein paar Tipps zur Überwindung der häufigsten Probleme auf der Fährte und der Dankesbrief eines Seminarteilnehmers.

Das Buch lässt mich mit etwas zwiespältigen Gefühlen zurück. Ich denke, dass Hoyers Methode gerade für Hunde denen man mit zu viel Zwang oder gar Gewalt auf der Fährte das Suchen vergrämt hat, eine sehr gute Wiedereinstiegschance und einen Weg für den erfolgreichen Wiederaufbau bietet. Für den interessierten Neuanfänger empfinde ich sie aber als unnötig kompliziert und hätte eher Bedenken, dass sie einem Einsteiger die Lust auf die Fährte verdirbt.

Als nächstes Buch auf der Leseliste:

Thomas Baumann „Mehrhundehaltung… gemeinsam zu mehr Harmonie“

Samstag, 5. September 2015

Die Erben der Enigma




Arbeitszeugnisse haben einen eigenen nicht mehr ganz so geheimen Code, diese Tatsache ist hinlänglich bekannt. Gleiches gilt für Immobilienanzeigen und Hotelbeschreibungen in Reisekatalogen. Doch auch in der Hundewelt treiben sich die Erben der Enigma herum und tarnen die Inhalte ihrer Verkaufsanzeigen in kunstvollen Verschlüsselungen.

Darum lasst uns einen kleinen Ausflug in die Welt der Hundeverkaufs- und Vermittlungsanzeigen machen und mit Staunen die wahre Bedeutung hinter den Worten decodieren.

Anzeigentext:

Sehr triebstarker und selbstbewusster Charakterrüde mit hervorragendem Spiel- und Beutetrieb sucht neuen Wirkungskreis bei erfahrenem Hundesportler. In B und C vorgearbeitet. Kennt Kinder. Im Rudel sehr dominant.

Übersetzung:

Hysterischer Balljunkie, der alles jagt was nicht bei drei auf dem Baum ist, sucht jemanden der sich einbildet eine Arschkrampe wäre der richtige Sporthund. Der Rüde hat in erster Linie schlechte Charaktereigenschaften und wenig Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Hundeführer. Wenn man Spielzeug in der Hand hat, sollte man in seiner Nähe aufpassen, wenn man alle Finger behalten will.

Wir haben ihn mal mit auf dem Hundeplatz gehabt, haben ihn an der Leine neben uns her gezerrt und unser Figurant hat mal versucht ihm die Beißwurst wegzunehmen, aber keiner hatte so richtig Lust sich mit dem unsympathischen Vieh zu beschäftigen.

Ab und an Laufen draußen auf der Straße mal Kinder vorbei, die sieht er von seinem Zwinger aus und bislang hat er noch nicht versucht herauszuklettern und sie zu zerfleischen.

Unverbesserlicher Raufer, den man lieber nicht zu anderen Hunden lassen sollte.

Anzeigentext:

Rarität! Wunderschöne typvolle  Frenschi Welpen in Sonderfarben abzugeben! Unsere Special Edition ist auf der Suche nach passenden Familien, die das Extravagante zu schätzen wissen. Fünf wundervolle Welpen in Sonderlackierung sind ab xx.xx.xxxx abgabebereit. Bei Auszug mit Welpenpaket und Papieren.

Übersetzung:

Alle hergesehen, wir versuchen hier mit ein paar sinnfreien Schlagworten Werbung zu betreiben und hoffen, damit ein paar uninformierte Trottel zu finden, die glauben mit irgendwelchem sinnlosen SchnickSchnack ihre Minderwertigkeitskomplexe zu bekämpfen.

Wir haben irgendwo gelesen, dass diese Rasse gerade modern ist, aber wir wissen nicht, wie sie richtig heißt und es ist uns auch egal. Reinrassig sind die Hunde sowie so nicht, denn die neue Farbe fällt ja nun nicht über Nacht vom Himmel. Aber ist egal, sie sehen halbwegs so aus, wie die Hunde die man unter dem Namen in der Google Bildersuche findet.

Wenn ihr sie abholt gibt es auch ein paar schöne bunte Probepackungen von einigen Futteranbietern dazu, die wir gratis abgestaubt haben. Ein 50 Cent Spielzeug Made in Taiwan aus dem Restpostenmarkt unten an der Hauptstraße und einen Impfpass haben sie auch noch mit.

Anzeigentext:

Rasselmops die gesunde Alternative! Ideal für alle, die einen fröhlichen und intelligenten Begleiter wollen! Beide Eltern können besichtig werden. Vater hat Papiere. Eltern gesund!

Übersetzung:

Mischlingswelpen aus eigener Produktion zu überteuerten Preisen, denn immerhin haben wir uns die Mühe gemacht, aus den Rassenamen der Elterntiere – bei denen wir von einem nicht einmal wissen, wie es richtig heißt – ganz lustig und kreativ eine neue Rassebezeichnung für unsere Welpen zu erfinden. Wir haben keine Ahnung, zu was diese Mischung gut sein soll, aber die Schlagworte ziehen ja fast immer, wenn jemand einen Hund in der Größe sucht. Es war nicht der erste Wurf und wird auch nicht der letzte gewesen sein und wirklich Gedanken über Genetik und so, haben wir uns auch nicht gemacht, Wir haben halt zwei Hunde, da gibt es eben regelmäßig Nachwuchs. Der Rüde hat Papiere, die Mutter und die Welpen selbstverständlich nicht. Die Eltern wurden schon mal geimpft und vom Tierarzt abgehört bevor wir die Wurmtabletten bekommen haben, dem ist damals nichts aufgefallen, dass die Hunde krank wären.

Anzeigentext:

Familienhund abzugeben. Leider haben wir nihct mehr genug Zeit für unsere Libling. Deshalb suchen wir neuen Platz für unser Welpe. Vater war Goldenretriver Mutter Bordercolli. Ist lib auch zu Kinder, fast stubenrein und sehr verschmusst. 10 wochen alt. Preis: Ausgaben ersetzen

Übersetzung:

Wir haben uns vor zwei Wochen im Nachbarort aus einer Laune heraus irgendeinen Welpen geholt, ohne so richtig zu wissen, welche Rassen da beteiligt waren, auch wenn der Verkäufer es irgendwie erwähnt hat und dummerweise hat sich jetzt herausgestellt, dass man sich ja auch irgendwie darum kümmern muss, weil das Vieh sonst in die Wohnung pinkelt. Auch wenn er schon recht lange durchhält, wenn man ihn ins Badezimmer sperrt.

Die Kinder haben ihn eine zeitlang rumgeschleppt, aber die haben jetzt auch schon das Interesse verloren und jetzt macht das Vieh die ganze Zeit in die Wohnung. Wir interessieren uns nicht mehr für den Hund, eigentlich haben wir nicht einmal Lust, diese Anzeige zu schreiben, aber von alleine verschwindet der Hund ja auch nicht. Wir haben kaum was dafür bezahlt, aber der Hund hat hier Futter bekommen, wir haben ein Halsband gekauft und die Schuhe die er kaputt gebissen müssen ebenso ersetzt werden wie der Badezimmerteppich, der jetzt nach Urin stinkt und das Geld darf der nächste Besitzer schön rausrücken.

Anzeigentext:

Mini-Schäfi- Hündin geboren 04/15 Die kleine X hat noch nicht viel Gutes erlebt und sucht nun einen Menschen der ihr zeigt wie schön das Leben sein kann. Sie ist sehr sanft und zurückhaltend und sucht geduldige Hundeliebhaber. Die Zeit drängt, X sitzt noch in Y, Tötungstermin ist bereits anberaumt.

Übersetzung:

Kleiner brauner Mischling mit Stehohren und halblangem Fell bei dem wir keine Ahnung haben, welche Rassen mitgemischt haben, aber Schäfi klingt süß und darunter kann sich jeder was vorstellen. Wir wissen auch nicht wann der Hund geboren wurde und was er erlebt hat, aber jung und gequält zieht immer. Der Hund hat Angst vor alles und jedem, da er aber nicht aggressiv reagiert, kann man das ja auch nett umschreiben und es wird ja auch jemand gesucht, der seinen ganzen Alltag um die Panikattacken des Hundes organisiert. Kennenlernen könnt ihr den Hund nicht, wenn ihr ihn wollt, bringen wir ihn direkt zu euch. Damit ihr nicht lange überlegt haben wir noch den Tötungstermin dazu geschrieben, denn sonst sucht ihr euch vielleicht doch noch einen anderen Hund.

Anzeigentext:

Hallo Frau/Mann, schon Hund, klein Familie kauf Kredit. Tibetan Dackel Puppi. Für Baunhof auf Hus. Sehr schon und sonders!

Übersetzung:

Ok ich gestehe, bei Manchem bin auch ich mit meinem Latein am Ende....
 
 
Und falls sich jemand fragt.... nein, diese Texte sind nicht frei erfunden sondern standen in dieser Form (inklusive der kreativen Rechtschreibung) in den Ebay-Kleinanzeigen und Verkaufs-/Vermittlungsgruppen auf Facebook.

Freitag, 4. September 2015

Drama Baby, Drama!


 
 
Eine neue Epidemie grassiert unter den Welpenbesitzern. Sie greift immer mehr um sich, füllt bereits diverse Themen in Hundeforen und wird auch in den sozialen Netzwerken angeregt diskutiert. Doch seltsamerweise wie heftig die Symptome auch ausfallen, allen Welpenbesitzern wird gesagt, dass was sie durchmachen sei vollkommen normal und gesund.

Die Rede ist vom Welpenblues.

Gut möglich, dass man selbst noch nie etwas davon gehört hat und auch ich war reichlich verwirrt, als ich das erste Mal davon las. Von den betroffenen Welpenbesitzern wird eine ganze Charge an Symptomen aufgezählt, beginnend bei Schlaflosigkeit, über Antriebs- und Appetitlosigkeit über Durchfall und Erbrechen, bis zu Existenz- und Versagensängste, begleitet von Heulkrämpfen und Nervenzusammenbrüchen. Nur fürs Protokoll, es geht hier um die Anschaffung eines netten, gesunden und normal geprägten Welpens und nicht einem totkranken Psychowrack vom Vermehrer.

Die Neu-Hundebesitzer erzählen von ihren Ängsten, den psychosomatischen körperlichen Symptomen, die diese Panik und der Stress bei ihnen auslöst und andere sitzen verständnisvoll nickend vor dem Bildschirm und bestätigen eifrig, dass eine solche Reaktion vollkommen normal sei, schließlich sei man unter großem Druck, alles richtig zu machen und da seien solche Reaktionen nichts ungewöhnliches. Immer mehr User stimmen in den Chorus ein, beschwichtigen die Welpenkäufer, sie hätten das ja alle durch und das sei nichts Außergewöhnliches und schon gar nichts, worüber man sich Sorgen machen müsse.

Auch ich erinnere mich noch gut an die Welpenzeit von Mr Ekko und Cardassia und ja, nach der vierten schlaflosen Nacht und dem zweiten Paar zerfetzter Lederreithandschuhe, gab es Momente in denen ich überlegt habe, wieso ich mir das antue und ob es nicht doch einen Versuch wert wäre, die kleine Kröte an den Welpenöhrchen einfach an die nächste Wand zu nageln. Aber depressive Anwandlungen, weil ein kleiner tapsiger Hund nun durch mein Leben läuft, habe ich nie auch nur im Ansatz verspürt.

So etwas habe es auch schon früher gegeben, verkünden die Vertreter des Welpenblues vollmundig. Nur sei es damals gesellschaftlich nicht so akzeptiert gewesen, über solche Dinge zu sprechen. Ich muss gestehen, mich beschleicht eher das Gefühl, dass es früher schlicht nicht üblich war, um Hunde ein solches Gewese zu machen. Früher hat man sich überlegt, wofür man den Hund haben möchte, wo es die passende Rasse gibt und hat sich einen Hund gekauft. Heutzutage machen manche aus dem Leben mit Hund eine Doktorarbeit. Noch bevor man weiß, welche Rasse es überhaupt sein soll, hat der durchschnittliche Welpenblues-Kandidat vierdutzend Ratgeber gelesen, fünf Trainingsmethoden in der Theorie durchprobiert, die Für-und-Wider von sechs verschiedenen Fütterungsmethoden durchdiskutiert und kann das Symptomverzeichnis der Schul- und Alternativmedizin aus dem FF aufsagen.

Schon vor dem Einzug wird der Hund zum überhöhten Wesen, mit dessen Perfektion das eigene Schicksal steht und fällt. Was für andere einfach eine alltägliche Sache ist, wird für diese Leute zum Prüfstein der eigenen Wertigkeit. Ist der Welpe am dritten Tag noch nicht stubenrein, wird an den eigenen Fähigkeiten gezweifelt. Lernt der Knirps nicht in der ersten Woche ordentlich an der Leine zu laufen, stürzt das Selbstbewusstsein ins bodenlose. Also sitzt man heulend vorm PC und holt sich Rat von Gleichgesinnten, die das Alles abnicken und als ganz natürliche Reaktion auf die Veränderung im Leben bezeichnen.

Auch wenn es in der heutigen Zeit schon fast sozial anerkannt ist, Probleme nicht zu behandeln, sondern sich mit ihnen anzufreunden und zum individuellen Lifestyle zu erheben, muss ich an dieser Stelle einfach einmal sagen:

NEIN, ES IST NICHT NORMAL!

Wenn mich eine solch kleine Veränderung wie der Einzug eines gesunden, freundlichen Welpens derart aus der Bahn werfen kann, dann habe ich ein anderes, schwerwiegenderes Problem in meinem Leben, mit dem ich mich auseinandersetzen sollte. Ein Welpe der auf seinem Deckchen einen Kauknochen knabbert, ist kein Grund für Panikattacken und wenn mich die kleinen Konflikte, die der Einzug des Vierbeiners mit sich bringt, in einen derartigen seelischen Abgrund stürzen kann, sollte ich mir – eventuell mit professioneller Hilfe – der Frage stellen, wie ich reagiere, wenn wirklich einschneidende Geschehnisse eintreten. Denn wenn mich schon ein eigentlich freudiges Ereignis an den Rande des Nervenzusammenbruches bringt, was passiert beim Tod eines Familienangehörigen, bei einer Kündigung oder einer schweren Erkrankung?

Der Welpenblues mag in die heutige Zeit passen, zeigt er doch die bisweilen sehr übertriebene Bedeutung, die der Hund im Leben mancher Menschen einnimmt. Als normal sollte man diese psychologische Entwicklung nicht hinnehmen.
 
 

Donnerstag, 3. September 2015

Der gebrauchte Gebrauchshund


 
Zu verkaufen: Opel Zafira Baujahr 2005, Laufleistung 90500km, nur an erfahrene Autofahrer, da das Fahrzeug ein Gaspedal und vier Reifen besitzt.

 
Ja so schaue ich auch immer drein, wenn ich die Anzeigen für dringend abzugebende Gebrauchshunde oder Gebrauchshunde im Tierheim, lese. Unverständlicherweise haben diese Exemplare sehr zur Überraschung der Vorbesitzer Schutztrieb, Jagdtrieb, kein Interesse am allgemeinen Hundekugeln auf der Gassiwiese und der Sonntagsnachmittagsbummel durch die Fußgängerzone wurde auch von dem seltsamen Hundevieh torpediert. Vor einem solch schwierigen Hund muss man nachfolgende Besitzer schon explizit warnen, denn normal ist so ein Verhalten ja nicht…

Ich sehe mich um, in diversen Internetportalen der Tierheime, den online Kleinanzeigenmärkten und den einschlägigen Gruppen in Facebook und komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Der Markt ist voll von gebrauchten Gebrauchshunden – meist ohne Papiere – die im Alter zwischen 18 Monaten und drei Jahren dringend ein neues Zuhause suchen. Dabei ist es nicht der böse Sportler, der sein Sportgerät hier austauscht, es ist die Familie von nebenan, die so schnell wie nur irgend möglich ihren Familienhund an den Mann bringen will.

Der Gebrauchshund für den Familien- und Hausgebrauch ist gerade schick. Jeder der Mittwochs 5km Joggen geht, am Samstag ein bisschen in den Bergen wandert und alle paar Wochen eine Radtour unternimmt ist plötzlich der Meinung, dass nur DSH, Malinois, Dobermann und Co mit diesem ausufernden Sportprogramm mithalten können. Damit man sich von der Masse abhebt, muss es am Liebsten auch noch ein besonderes Exemplar sein, egal ob der blaue Königsdobermann oder der darkline Malinois nur das Ausgefallenste aus den Kleinanzeigen ist gut genug. Beim seriösen Züchter bekommt man diese exotischen Exemplare nicht, deshalb führt der Weg über die Kleinanzeigen zum freundlichen Hobby- und Profivermehrer von nebenan. Selbst jene, die sich mit einem normalen Rassevertreter zufrieden geben, finden nur selten den Weg zum seriösen FCI-Züchter, denn immerhin will man schließlich einen Familienhund und keine Welpen die deren Eltern dadurch ausgesucht werden, wie gut sie Menschen auf dem Hundeplatz beißen können. Denn es hält sich immer noch hartnäckig das Gerücht, dass es ausreicht arbeitsunfähige Gebrauchshunde zu verpaaren, um taugliche Familienbegleithunde zu erhalten.

Nur als kleiner Hinweis…. Wenn man am Formel 1 Boliden den Heckspoiler abschraubt, taugt er nicht mehr für die Grand Prix Strecke, er wird dadurch aber auch nicht zum familientauglichen Minivan. Ähnlich verhält es sich beim Gebrauchshund.

Aber daran denkt man an diesem Punkt nicht. Man sucht sich einen Welpen aus, garantiert familientauglich wie der Verkäufer versichert und nimmt ihn mit nach Hause. Die meisten Käufer freuen sich noch darüber, wie viel sie im Vergleich zum Kauf beim überteuerten Profi Züchter doch gespart haben. Wenn man Glück hat, überlebt der Welpe auch die ersten Wochen und hat nicht auf Grund seiner zweifelhaften Herkunft eine ausgewachsene Parvovirose Infektion mit ihm Gepäck. Doch auch ohne Viren und Parasiten beginnt für viele mit ihrem vermeintlichen Familienhund bereits nach wenigen Tagen die Hölle. Je nach Abstammung können DSH, Mali und Co bereits im Alter von wenigen Wochen eigensinnige, spitzzahnige Monster sein, die nicht unbedingt die geeignetsten Spielkameraden für ein 5jähriges Kind sind, vor allem nicht wenn die Eltern wenig Erfahrung im Umgang mit diesem Typ Hund haben. Bereits in dieser frühen Phase finden viele der zukünftigen Familienhunde ihren Weg zurück in die Kleinanzeigenportale, wo sie „umständehalber“ dringend eine neue Familie suchen oder direkt im nächsten Tierheim landen.

Andere Besitzer halten länger durch und erleben die Entwicklung ihres Familienhundes mit. Sie sind da, wenn ihre Jungspunde den ihnen im Blut liegenden Beutetrieb entdecken und versuchen ihn zu befriedigen, egal ob das nun durch die Jagd auf Nachbars Katze oder den Ball der spielenden Kinder geschieht. Etwa zur selben Zeit beginnen die Hunde damit, territoriale Ansprüche zu erheben und Besucher am und im eigenen Haus sind plötzlich nicht mehr willkommen. Wer Glück hat, hat an dieser Stelle noch einen gesunden, wesensfesten Junghund, dem einfach nur die richtige Erziehung und Führung fehlen. Hat man Pech, hat die mangelnde Selektion auf die Wesensmerkmale und Leistungen der Gebrauchsrassen einen unsicheren, wesensschwachen Hund hervorgebracht, der im schlimmsten Fall auch noch mit Erbkrankheiten zu kämpfen hat.

An diesem Punkt gibt die nächste Welle auf. Zu riskant erscheint das Leben mit einem Hund der nicht kontrollierbar auf die Jagd geht und sich aggressiv gegen Menschen verhält. Hier finden sich dann die ersten Anzeigen und Vermittlungstexten in denen nach „Rassekennern und Sportlern“ gesucht wird und die Empörung ist groß, wenn das Interesse dieser Gruppen an einem unerzogenen, meist nicht untersuchtem Hund ohne gesicherte Abstammung gering ist.

Für alle andere führt der Weg zum Problemhundetrainer. Die wenigen, glücklichen Hundehalter werden einen Trainer finden, der sie darüber aufklärt, welche Art Hund sie an der Leine haben und was diese Rassen benötigen, um ein zufriedenes und unauffälliges Leben führen zu können. Hat der Hund dann auch noch besonders viel Glück, sind seine Halter bereit und fähig dies auch im Alltag umzusetzen. Für alle anderen beginnt ein Leben in dem sie von einem Hundetrainer zum Nächsten tingeln, dutzende Methoden und Modelle kennen lernen und ein Hundeleben lang Unsummen darauf verwenden gegen Probleme anzutrainieren und zu managen, die man nicht hätte, wäre man sich auch nur im Grundsatz über die Bedürfnisse und den Charakter der Rasse bewusst, die man an der Leine führt.

Manche Hundehalter sind standhaft und halten Training und Management durch, andere geben an irgendeinem Punkt der Strecke schließlich entnervt oder auch aus Angst auf. Für diese Hunde wird dann der Rassekenner gesucht, idealerweise Sportler um den Hund richtig auszulasten oder noch besser Diensthundeführer, denn Mali Rüde Fips hat ja bereits drei Mal Besuchern in die Beine gehackt. Ein wirkliches Happy-End gibt es für die wenigsten dieser Hunde. In den meisten Fällen findet sich früher oder später ein Tierfreund, der die nächste Runde aus Hundeschule und Management einläutet und versucht den Familiengebrauchshund irgendwie in sein Leben zu integrieren. Bei manchen kann es klappen, doch viele werden früher oder später die Grenzen der Leidensfähigkeit ihrer neuen Besitzer erreichen, wieder zurück ins Tierheim gehen und dort weiter warten, ob nicht doch eines Tages der erfahrene Sportler dort auftaucht, um dem 7jährigen ängstlichen DSH mit den kaputten Ellbogen doch endlich zur Gebrauchshundkarriere zu verhelfen.

Mir ist bewusst, dass nun gleich ein dutzend Hände in die Höhe schießen werden, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie mindestens einen Gebrauchshund kennen, der ganz ohne alle Auslastung und Erziehung ein glückliches und zufriedenes Leben führen kann. Ja es gibt sie, die Gebrauchshunde die keine Ansprüche stellen, sich beim Welpenkauf darauf zu verlassen, dass man eines dieser Exemplare erwischt, ist leichtgläubig und führt meist zu den oben beschriebenen Problemen.

Natürlich können auch Mali, DSH, Dobermann und Co unauffällig in einer Familie leben und die meisten Rasseangehörigen tun dies auch. Allerdings unter der Bedingung, dass sich die Besitzer der Besonderheiten dieser Rassen bewusst sind und diese Hunde an erste Stelle das leben lassen, was sie sind. Wer sein Zuhause mit Mali, DSH und Co teilen möchte, sollte sich immer bewusst sein, dass diese Hunde Ansprüche haben und es entgegen aller Werbeversprechen den pflegeleichten Begleiter in Gebrauchshundoptik nicht gibt. Wer in seinem Leben keinen Platz für einen anspruchsvollen Hund mit schnellen Reflexen, ausgeprägten Jagd- und Schutztrieb hat und nicht gewillt ist, mit seinem Vierbeiner regelmäßig zu arbeiten, sollte sich einer anderen Rassegruppe zu wenden.



Mittwoch, 26. August 2015

Gabriela Behling - Frisches Futter für ein langes Hundeleben


Unser fünftes Buch.

Diesmal geht es um eines meines Lieblingsthemen, die gesunde Ernährung unserer Hunde und der Klappentext verspricht nicht nur irgendein weiteres Futterbuch, sondern diesmal soll sich echtes Expertenwissen zwischen den Buchdeckeln verbergen. Die Autorin beginnt sofort damit ihre eigene, nach ausgewählten Quellen selbst entworfene Ernährungsform die „mediterrane Diät“ zu bewerben und gegen die Ideologie von Barfern und Fertigfutterfütterern zu wettern.
Behling wirft den Verkäufern von Fertigfutter und den Barfern vor die Angst um die Fehlernährung zu instrumentalisieren, um ihre Ernährungsform zu bewerben. Sie selbst hingegen startet die Einführung in die Futterlehre mit der Geschichte ihres Dalmatiners, der durch einen Gendefekt in Kombination mit einer massiven, einseitigen Fehlernährung quasi zu Tode gefüttert wurde.

Generell dreht sich das Buch im Grunde sehr stark ausschließlich um die Rasse Dalmatiner und ihre genetische Veranlagung zu Nierenerkrankungen und Nierensteinen. Generell gewinnt der Leser sehr schnell den Eindruck, dass die Autorin vom Thema Niere geradezu besessen zu sein scheint und alle Hunde immer und überall Gefahr laufen an Nierenerkrankungen zu Grunde zu gehen. Und so beginnt die Autorin, die noch im ersten Kapitel so vehement gegen die Ideologie der anderen gewettert hat, ihre eigene Futterideologie zu spinnen und alles dreht sich um Dalmatiner, Nieren und Purin.

Die Autorin vergisst dabei selten, auf ihren Expertenstatus hinzuweisen. Wieso sie als Apothekerin Fachfrau für Hundeernährung ist, erklärt sie dabei nur unzureichend. Es wird zwar gerne gegen andersdenkende Tierärzte ausgeteilt und darauf verwiesen, dass diese nicht automatisch Ahnung von Hundefütterung haben, jenen Tierärzten, die ihrer eigenen Ideologie anhängen, wird jedoch uneingeschränkte Vertrauenswürdigkeit und großes Fachwissen attestiert. Statt medizinisch belegbarer Fakten präsentiert die Autorin immer wieder ihre persönliche Meinung als unumstößliche Wahrheit, dass das wissenschaftliche Fundament für ihre Aussagen meist fehlt, versucht sie mit beharren auf ihrem Expertenstatus zu überdecken.

Bei der Vorstellung möglicher Futterbestandteile beißt sich die Autorin an einigen Themen regelrecht fest, lässt aber den großen Überblick vermissen. So wird bei Milchprodukten zwar lang und breit über das Protein und Kalzium Thema referiert, das eigentliche Problemthema Laktose wird aber mit keiner Silbe erwähnt. Zwischendrin tauchen immer wieder die Themen Dalmatiner und Purin auf und beginnen die Nicht-Dalmatinerbesitzer unter den Lesern langsam zu nerven. Auffällig ist bei den Futterbestandteilen, dass sich ungewöhnlich viele der aktuell so modernen Superfoods in die Liste geschlichen haben.

Wirklich bizarr wird es dann endgültig, wenn man zu den Rezepten kommt. Die Zutaten sind alle sehr schick und trendy und vor allem – auch wenn sich mal das Wort „Pansen“ dazwischen schummelt – sehr clean. Es gibt Balsamico Essig und Olivenöl – natürlich kalt gepresst – dazu Rote Beete Bällchen, Fischstäbchen und Toast. Und obwohl die Autorin auf der einen Seite für Frische und Natürlichkeit plädiert, finden sich in fast allen Rezepten industrielle Suppenbrühwürfel als Zutat, dazu gibt es eine Menge verarbeitetes weißes Weizenmehl in Form von Toast und Brötchen und die obligatorischen Dosentomaten.
Generell fühlen sich die Rezepte einfach falsch an. Wenn man die Anleitungen für Überbackenen Tomaten Nudelauflauf, Fischstäbchen mit Tiefkühlspinat zum Abendessen und warmen Toast mit Honig oder warmen Milchreis zum Frühstück liest, fragt man sich unwillkürlich, ob man hier nun für den Hund oder das eigene Kind kochen soll. Die Vermenschlichung hat an dieser Stelle endgültig Einzug in den Futternapf des Hundes gefunden.

Da die Autorin noch nicht genug über Dalmatiner, Purin und Nierenschäden geschrieben hat, gibt es noch je ein extra Kapitel zu diesen Themen, doch an dieser Stelle dürften die meisten Leser schon abgeschaltet haben.

Es wird sicher viele Leser geben, die der Ideologie von Frau Behling folgen würden. Die Rezepte sind trendy und schick, mediterrane Küche ist in und hebt das Hundefutter in eine neue kulinarische Dimension. Ob es wirklich so artgerecht und gesund ist, wie uns die Autorin glauben machen möchte, wage ich an dieser Stelle aber zu bezweifeln. Ich denke es ist müßig zu erwähnen, dass dieser Ernährungsratgeber keinen dauerhaften Platz in meinem Buchregel bekommen wird.

Nach diesem Ausflug in die Welt der Hundeernährung führt uns Buch Nummer sechs wieder zurück in die Sportwelt mit Milan Hoyer und Klaus Jadatz‘ „Fährtenarbeit – Fährten lernen ohne Stress und Zwang“

Donnerstag, 30. Juli 2015

Welpenkäufer in der Pflicht




Es wird überall nach den Pflichten des Züchters geradezu geschrien. Jede Woche bringt ein neues Boulevardformat einen TV-Beitrag in dem angeprangert wird, dass die Züchter mehr machen müssen, jeden Monat erscheinen unzählige Artikel darüber, dass der VDH und die FCI nicht genug Verantwortung übernehmen und noch mehr für die Gesundheit der Rassen tun müssen, um zum Einen die Hunde zu schützen, aber auch vor allem um die Welpenkäufer zu schützen. Denn ein kranker oder charakterschwacher Welpe bedeutet großes Leid und hohe Kosten für die neuen Besitzer. Der Welpenkäufer ist in vielen Fällen das arme Opfer und nimmt sich selbst auch gerne als solche wahr. Doch was ist mit der Verantwortung der Welpenkäufer und mit ihren Pflichten? Es wird immer auf Züchter und Zuchtverband gezeigt, den dritten Beteiligten lässt man jedoch gerne außen vor.

Die Aufgaben von Züchter und Zuchtverband sind klar und tauchen in jeder Diskussion erneut auf, lückenlose Gesundheitsuntersuchungen, artgerechte Aufzucht, Ausbildung und Haltung, Verpaarungen nur mit gesunden, standardgerechten und wesensfesten Tieren, umfangreiche Prägung der Welpen, ständiges Erweitern des eigenen Wissens und für den Verband die Überwachung der Einhaltung dieser Ansprüche und die Aufklärung und Ahndung von Verstößen.

Und der Welpenkäufer? In der Vorstellung vieler besteht seine einzige Pflicht in der Bezahlung des ausgesuchten Welpen. Allerdings sollte man hier etwas weiter denken. Wer einen gesunden Hund haben möchte, ist selbst gefordert Verantwortung zu übernehmen, von der Auswahl der Rasse vor dem Kauf bis hin zum Tod des Hundes.

Noch nie war es so leicht sich derart umfangreich zu informieren wie heutzutage mit Hilfe der neuen Medien. Deshalb sei es an dieser Stelle einmal ganz klar gesagt, wer heute noch bei einem Hundehändler oder einem Vermehrer kauft und im Anschluss mit einem kranken und/oder verstörten Hund dasitzt, kann von mir kein Mitleid erwarten. Denn wer sich heute noch in dieser Form über den Tisch ziehen lässt, trägt selbst die Schuld an seiner Misere. Anders als früher, als man auf Erfahrungen im Bekanntenkreis zurückgreifen musste, lassen sich heute mit nur wenigen Minuten im Internet die Grundregeln zum Welpenkauf eruieren. Allein dieses Wissen würde bereits ausreichen um den Kauf bei den meisten dubiosen Händlern zu vermeiden. Sicher gibt es in der Zwischenzeit auch jene, die nicht mehr so offensichtlich zu enttarnen sind. Doch auch für die besser verborgenen schwarzen Schafe unter den Verkäufern reicht ein Abend Internetrecherche aus, um zu wissen woran man sie erkennt.

Doch beim Gedanken an die süßen kleinen Welpen vergessen viele Leute alle Vorsicht. Oftmals ist selbst die Rasse dann egal. Hauptsache zum passenden Zeitpunkt ist der Hund verfügbar, der Abholungsort ist nicht zu weit weg und wenn er dann noch günstiger ist, als beim nächsten Züchter schaltet sich der gesunde Menschenverstand bei vielen leider endgültig aus. Allerdings muss sich jeder, der in einer solchen Situation einen kranken Hund ersteht im Klaren Darüber sein, dass ihn seine eigene Unvernunft in diese Lage gebracht hat.

Eine weitere Pflicht des Welpenkäufers noch vor der richtigen Auswahl eines Züchters besteht vorerst in der Auswahl der richtigen Rasse. Noch immer kaufen sich Scharen an Welpeninteressenten ihre Hunde aus vollkommen falschen Beweggründen. Oftmals ist man auf der Suche nach einer bestimmten Moderasse oder auch dem Gegenteil, dem absoluten Exoten, den auf der Hundewiese und in der Hundeschule niemand sonst hat. Andere kommen mit vollkommen verzerrten Rassevorstellungen zu der Überzeugung, dass Rasse X genau das richtige für sie ist, ohne je ein lebendes Exemplar dieser Rasse zu Gesicht bekommen zu haben. Wissen was eine Rasse ausmacht in ihrem Charakter, ihrem Aussehen, ihren Ansprüchen an die Haltung und auch mit welchen Krankheiten sich die Population herumschlägt gehört zu den Pflichten eines jeden Welpenkäufers. Wer nicht weiß, wie ein gesunder, charakterfester Vertreter der angestrebten Rasse auszusehen und sich zu benehmen hat, wird einen gestörten oder kranken Hund nicht erkennen und ist auf sein reines Glück angewiesen. Wer weiß worauf zu achten ist, wird mit einer weitaus geringeren Wahrscheinlichkeit mit seiner getroffenen Wahl unglücklich werden.

Beim Kauf des Welpen ist für viele die Pflicht des Welpenkäufers mit Zahlung des vollen Preises endgültig abgeschlossen. Doch an dieser Stelle beginnt eigentlich die größte Verantwortung eines Rassehundebesitzers, eine Verantwortung der sich die meisten Käufer jedoch entziehen. Aus allen Ecken hört man die Rufe, dass bekannt sein muss, was Zuchthunde vererben, dass nur mit solchen Tieren gezüchtet wird, die auch gesunde Nachkommen haben. Doch woher soll der Züchter dieses Wissen beziehen? Die eine Nachzuchthündin, die er selbst behält und vielleicht die ein zwei Hunde, die er im unmittelbaren Umfeld verkauft, reichen für eine Beurteilung nicht aus. Hier sind alle Welpenkäufer gefragt und dennoch zieht sich der Großteil mit fadenscheinigen Ausreden aus der Affäre. Man wolle ja selber nicht züchten, man wolle keinen Sport machen mit dem Hund, man wolle ja nur einen Familienhund… und aus diesen Gründen lässt man den eigenen Hund nicht auf gängige Rassekrankheiten untersuchen. Wozu das Geld investieren für die HD-Röntgenuntersuchung und die Auswertung so lange der Hund keine Beschwerden hat? Wozu Blut- oder Herzuntersuchungen bezahlen, so lange es keine medizinischen Probleme gibt?

Weil jeder für sich in Anspruch nimmt, dass er auch in der nächsten Generation wieder einen Welpen kaufen kann, der zu einem gesunden und wesensfesten Hund heranwächst. Doch das ist nur möglich wenn die Züchter wissen, was die einzelnen Hunde und deren Linien vererben. Mit einzelnen getesteten Hunden lässt sich jedoch nur eine grobe Tendenz erahnen, je vollständiger die Generationen untersucht sind, desto aussagekräftiger ist das Bild, das sich ergibt. Wer von Züchtern verlangt, dass sie über genügend Wissen verfügen um gesunde von gesundheitlich bedenklichen Linien unterscheiden zu können, muss dazu beitragen, dass den Züchtern genügend Daten zur Verfügung stehen, um diese Unterscheidung auch treffen zu können.

Gleiches gilt bei vielen Rassen auch immer noch in Sachen Ausbildung. Das Wesen, der Charakter einer Rasse wird maßgeblich von ihrer Aufgabe und ihrer Eignung für diese Aufgabe bestimmt. Wer von sich behauptet, dass ihn der Charakter einer der unzähligen Arbeitsrassen fasziniert und er aus diesem Grund einen solchen Hund besitzen möchte, sollte auch hier dafür Sorge tragen, dass der Züchter einen Überblick hat, wie tauglich die gezüchteten Hunde aus den einzelnen Verbindungen sind und sollte die Hunde ihrer Rassebestimmung gemäß ausbilden und arbeiten.
Und auch am Ende der gemeinsamen Zeit mit seinem Hund ist der Welpenkäufer nochmals in der Pflicht. Todeszeitpunkt und Ursache sollten nie ein Geheimnis sein. Ein ehrlicher Überblick über das Ableben der Nachzucht bringt erneut mehr Einsicht in die Gesundheit der Population.

In diesen Punkten sollte sich jeder Welpenkäufer in der Pflicht fühlen und sich der Verantwortung seiner Rasse gegenüber bewusst sein. An diesem Punkt sollte man sich schlicht im Klaren darüber sein, dass es nicht nur um den einen Hund oder den einen Züchter geht. Wie oft habe ich in den vergangen Monaten gelesen „Der Züchter war ein Unsympath, den werde ich nicht auch noch unterstützen.“ Es geht nicht darum, diesem einen Menschen zu helfen, noch mehr Welpen von dieser einen Hündin zu verkaufen. Es geht darum einen möglichst vollständigen Überblick über den gesundheitlichen und leistungstechnischen Zustand einer Rasse zu schaffen, auf den alle Züchter und Welpeninteressenten jetzt und in Zukunft zurückgreifen können.

In den diversen Medienberichten wird stets gefordert dass Züchter und Zuchtverbände etwas ändern müssen. Ja, das müssen sie in einigen Bereichen. Doch an dieser Stelle sei ganz klar gesagt, dass sich auch die Welpenkäufer endlich ändern müssen, um etwas zu bewegen.
 

Freitag, 17. Juli 2015

Showtime


 
Wir wollen alle eine gute Figur machen, niemand fühlt sich gerne blamiert. Wir wollen einen positiven Eindruck machen, egal was wir tun, es soll gut aussehen und uns gut aussehen lassen. Ein natürliches Bedürfnis der meisten Menschen. Doch leider treibt dieses Verlangen gerade auf Hundesportplätzen immer seltsamere Blüten.

Das erste Mal fiel es mir im vergangenen Jahr auf einem Trainingswochenende auf. Ein Teilnehmer präsentierte seinen jungen Hund. Eine schöne ansehnliche Vorstellung, ein wenig Fußlaufen, ein paar Winkel, Abrufen aus dem Platz. Der Hund arbeitete freudig und alles war hübsch anzusehen. Auf die Frage nach anderen Übungen, meinte der Hundeführer, nein, habe er bislang mit dem Hund noch nicht begonnen. Das Angebot mal eine andere Übung zu versuchen und sich mögliche Herangehensweisen zeigen zu lassen, wurde vehement abgelehnt. So was wolle man zuerst in Ruhe Zuhause im Garten ausprobieren. Mehr wurde dazu nicht mehr gesagt.

Hielt ich das damals noch für den persönlichen Spleen dieses einen Teilnehmers, ist es mir in den folgenden Monaten immer öfter aufgefallen, dass es immer mehr Hundesportler zu geben scheint, für die der Übungsplatz nicht mehr zum Üben da ist, sondern die vor den Sportkollegen nur noch die einstudierte Show aufführen.

Anderes Trainingswochenende, gute 40 Teilnehmer, anwesende Hunde der Teilnehmer… vier Stück. Auf die Nachfrage, wieso niemand seinen Hund dabei hat folgte ein kollektives Schulterzucken. Es war nicht das Wetter schuld, nicht die Frage nach der Anreise mit Hund. Nach anfänglichem Schweigen kamen die ersten Eingeständnisse aus den Reihen. „Hier trainieren Hundeführer die hoch führen, was soll ich da vorzeigen?“ Und wieder war sie da, die allgegenwärtige Angst sich vor den anderen, vor vermeintlich besseren Hundeführern zu blamieren. Doch auch Statements in die andere Richtung erfolgten. Man habe schließlich einen Ruf zu verlieren, wie würde es denn aussehen, wenn man sich hier zum Hampelmann macht, weil der Hund heute keine Lust hat zu arbeiten. Da lachen einen dann die Anfänger aus und erzählen weiter, dass der XY nur große Töne spuckt und seinen Hund nicht geregelt bekommt.
Ich kannte den betreffenden Hundeführer nicht, also so groß und überragend konnte sein Ruf nicht sein, bis zu mir war er auf jeden Fall nicht vorgedrungen. Aber dennoch war er besorgt bei einem öffentlichen Training sein Gesicht zu verlieren.

Später tönen sie dann oft, man wolle ja nicht jeden Pfuscher an den eigenen Hund lassen, am Ende verdirbt einem der noch alles und so lange man nicht wisse, wie gearbeitet wird, hält man seinen Hund da besser fern. Verständlich, aber wenn man dieselben Teilnehmer zum dritten Mal bei diesem Ausbilder sieht, fragt man sich irgendwann, wann sie denn endlich davon überzeugt sind, dass dieser Jemand sein Handwerk versteht. Andere verkünden, man wolle sich nicht überall drein reden lassen, schließlich wisse man selber, was man tut. Wieso man dann Geld für ein Seminar ausgibt… keine Ahnung.

Eine traurige Entwicklung, die immer weiter um sich greift. Natürlich gehören die Arbeit zu Hause und die Einheiten außerhalb des Hundeplatzes zum Training dazu, ohne sie geht es nicht. Doch ist es einfach schade und nicht sehr förderlich für die Gemeinschaft innerhalb des Vereins, wenn die gemeinsame Trainingszeit im Verein zu einem reinen Showlaufen der Eitelkeiten wird. Man studiert zuhause seine kleinen Tricks ein, legt sich die Übungen zu recht, bei denen man besonders gut aussieht und präsentiert sich und seinen Hund dann von der besten Seite, um möglichst viel Applaus einzuheimsen.
Lösungen erarbeiten, auch einmal Misserfolg haben und daraus lernen und auch Fehler erkennen und neue Wege einschlagen, all das verschwindet immer mehr aus der Öffentlichkeit, ab ins stille Kämmerlein, wo einem niemand zusehen kann. Auf der einen Seite lauert immer die Angst, dass die Tierschutztaliban im Tarnanzug im Gebüsch sitzen und nur darauf warten eine unglückliche Situation zu filmen, die sich mit etwas kreativen Schnitt und dramatischem Voice-Over zu Tierquälerei umdichten und im nächsten „Aufklärungsvideo“ verwenden lässt, auf der anderen Seite steht das eigene Ego, das nicht zulassen möchte, dass man vor den Anderen einen Fehler begeht.

Es fehlt nicht mehr viel und manche Hundesportler werden nur noch zu Prüfungen irgendwo in Erscheinung treten und den Rest der Ausbildung irgendwo versteckt und gut verborgen absolvieren, bis sie reif für ihre Showkarriere vor dem Richter sind. Oder bis sie irgendwo auf ihrer privaten gut versteckten Trainingswiese in Schönheit gestorben sind, weil es ihnen nie gelungen ist, ihre Show genug zu perfektionieren, um damit vor die Augen der anderen treten zu können.

Ich hoffe sehr, dass ich die Endphase dieser gruseligen Entwicklung nicht mehr miterleben werde und immer Hundeführer um mich haben werde, denen es nicht darum geht, möglichst gut dazustehen, sondern die in erster Linie Wert darauf legen gemeinsam mit ihrem Hund und ihren Trainingskollegen zu lernen.

Samstag, 11. Juli 2015

Sabine Neumann - TierHeim Schicksal oder Chance


Unser viertes Buch.

 
Nachdem ich die Autorin vor Jahren auf einem Vortrag kennenlernte, habe ich mich sehr auf dieses Buch gefreut. Nach mehreren Jahren aktiver Tierschutzarbeit ist das Thema immer noch von großem Interesse für mich  und Überlegungen zu alternativen Haltungsformen im Tierheim und neue Erkenntnisse rund um den Hund im Tierschutz können nie falsch sein.

Der erste Eindruck des Buches ist…. Bunt. Viele und vor allem große Bilder teilen sich so ziemlich jede Seite mit kleinschriftigen Texten, ab und an wird noch eine Grafik dazugestellt. Auch wenn ich kein Fan dieser Bilderflut bin, hat der erste Eindruck nicht abgeschreckt. Das Vorwort hingegen schon. Diese kurze Ausführung der Autorin wirkt beim Lesen sehr selbstverliebt und man gewinnt den Eindruck, dass Tierheime durch und durch grauenhafte Orte ohne Verständnis für ihre Bewohner waren, bis die Autorin auf den Plan trat. Auch klingt hier bereits die erste Werbung für die Animal Learn Ausbildung an.

Im ersten Kapitel werden die allgemeinen Abgabegründe für Tierheimhunde behandelt, kurz und eher oberflächlich ohne besondere Erkenntnisse die im Gedächtnis haften bleiben würden, huscht die Autorin über dieses Thema hinweg. Dem nächsten Thema nämlich der – ihrer Meinung nach – idealen Unterbringung von Hunden, sowie dem Umgang mit ihnen, widmet die Autorin mehr Raum. Ihre Ausführungen sind durchaus nachvollziehbar und haben viele positive Ansätze, doch bisweilen wirken sie etwas realitätsfremd. Sicher kann man sich seine Idealvorstellungen zu recht legen, man sollte sich jedoch bewusst sein, dass in Zeiten in denen viele Tierheime und Tierschutzvereine auf Grund schwindender Spendenbereitschaft am Rande der Existenz und Finanzierbarkeit balancieren, Aussagen wie „Geld darf keine Rolle spielen und finanzielle Interessen müssen immer dem Wohl des Hundes untergeordnet werden bei Planung und Bewirtschaftung von Heimen“ schlicht utopisch sind. Auch andere Ansichten stoßen etwas sauer auf. So wird bei bestimmten Rassen wie u.a. dem Pitbull, dem Stafford oder auch dem Riesenschnauzer pauschal empfohlen die Rüden zu kastrieren, um die rassetypisch gesteigerte Aggressionsbereitschaft besser zu kontrollieren. Ein unschöner Tiefschlag für alle jene die versuchen über die Mythen des aggressiveren Kampfhundes und der Kastration als Allheilmittel bei Aggression aufzuklären. Leider wird auch die Kastration der Hündin als Garant für ein krebsfreies Leben angepriesen.

Generell fällt einem beim Lesen des Öfteren auf, dass die Autorin ihre eigenen Überzeugungen regelmäßig als unumstößliche Fakten präsentiert und jedes im AL Verlag erschiene Buch aus dem zitiert wird automatisch zur wissenschaftlich belegten Studie mutiert.

Im weiteren Verlauf wird kurz auf verschiedene Verhaltensprobleme, gesundheitliche Themen und mögliche Lösungen und Therapien eingegangen. Ich muss gestehen, dass dieser Teil auch nur wenig im Gedächtnis haften geblieben ist. Festgesetzt hat sich einzig der Tipp, dass man auch Leine und Geschirr in passender Farbe wählen sollte, um die entspannende Wirkung der Farbtherapie auf den Hund zu verstärken.

Leider sind es immer solche Punkte, die aus diesem Buch in Erinnerung bleiben. Auf der Sachebene wird das Meiste eher kurz und sehr oberflächlich angerissen, oftmals nicht einmal thementreu, so wird aus dem Kapitel zur Rückgabe eines vermittelten Hundes am Ende ein längerer Diskurs über den Umgang von Kindern mit Hunden. Deutlich hervorgehoben wird die emotionale Seite. Nach kurzen Themengebieten wie Vermittlungsgespräch, Auswahl des richtigen Hundes, etc. folgen stets sehr ausufernde und emotionale Beispiele in denen leider sehr häufig ein sehr abwertender Tonfall anderen Menschen gegenüber mitschwingt. So kommen immer wieder Seitenhiebe gegen Züchter, andere Hundetrainer und Hundesportler. Aber auch den früheren Besitzern der Hunde aus den Beispielen werden immer wieder niedere Beweggründe untergeschoben. So ist wiederholt von „abschieben“ die Rede, ohne auf Vorgeschichten genauer einzugehen. Ob die Verwandten eines Verstorbenen sich wirklich nur aus Egoismus des hinterbliebenen Hundes entledigt haben? Oder könnte es nicht sein, dass es deren Lebensumstände einfach unter keinen Umständen zuließen, sich verantwortungsvoll um einen Hund zu kümmern? Verständnis für Einzelschicksale oder auch einfach nur eine objektive Herangehensweise an die Geschichten sucht man vergeblich.

Doch auch den Hunden tut das Buch bisweilen einen Bärendienst. Während Tierschützer und Freunde von Tierheimhunden immer wieder betonen, dass es eben auch den unkomplizierten, freundlichen Familienhund im Tierheim gibt, beschleicht einen bei der Lektüre das Gefühl, dass Tierheimhunde zutiefst labile Kreaturen sind, die man nur mit Samthandschuhen anfassen darf. Sicherlich ist ein Tierheimaufenthalt Stress und keine optimale Lebenssituation, doch erscheint mir der beschriebene Seelenzustand der Tiere in diesem Buch etwas überdramatisiert. Sicher gibt es sie, die äußerst anspruchsvollen Tiere, die durch Trauma, Krankheit oder anderen Unwägbarkeiten viel Vertrauensaufbau und Training benötigen. Doch dadurch, dass man diese Gruppe derart stark in den Focus dieses Buches gerückt hat, schreckt man viele Interessenten ab.

Den Abschluss des Buches bilden schließlich zehn Seiten auf denen vorherigen Inhalte nochmals wiederholt werden, als eine Art Lerntafeln, garniert mit etwas Werbung für die AL Ausbildung, Trainer und weitere Produkte aus dem Verlagshaus und dem Onlieshop. Zieht man diese Werbung, die ausladenden Fallbeispiele und die unzähligen Fotos ab, bleibt leider nicht mehr sehr viel gehaltvoller Inhalt übrig. Eine Tatsache die sehr schade ist, da Neumanns Vortrag zum Thema sehr interessant war und viele – auch in der Realität umsetzbare – Anregungen für den Tierheimalltag gab. Etwas das diesem Buch zu ihrem ehemaligen Seminar – in der Zwischenzeit wird dieses von einer anderen Referentin abgehalten – leider nicht gelingen will.

Als nächstes auf der Leseliste: Gabriela Behling: „Frisches Futter für ein langes Hundeleben“

Samstag, 27. Juni 2015

When the Going gets tough...




…setzen wir uns einfach in die Ecke, jammern herum und lassen uns dafür noch Applaus klatschen. Ein Trend der in der Dobermannszene gerade sehr verbreitet ist.

Ja, auch ich habe am 12. Juli 2014 verkündet, dass ich die Schnauze voll habe vom Dobermann. Allerdings war dies eine reine Trotzreaktion gegen viele Unsinnigkeiten und selbst ernannte Rasseretter und die Einsicht, dass schmollend im Kämmerlein zu hocken nichts ändern wird, kam schnell über mich. Doch zurzeit schwappt diese Welle über viele Homepages und Facebook Seiten von Züchtern und Hobbyvermehrern gleichermaßen. Sie alle geben tränenreich bekannt, dass sie ihre Zucht einstellen, zu schwer wiege der Verlust der Nachzucht die an DCM verstorben ist, zu groß sei die Liebe zur Rasse und zu gewaltig die Verantwortung den Welpenkäufern gegenüber. Man wolle erst wieder in die Zucht einsteigen, wenn der Gentest fertig sei, vorher sei Zucht einfach verantwortungslos.

Um es mit den Worten zu sagen, die Dr. Wess auf seinem Vortrag in Linz wählte… das ist natürlich auch eine Lösung. Wenn jeder die Zucht einstellt, hat sich das DCM Problem in Kürze von alleine geklärt. Werden keine Dobermänner mehr geboren, stirbt die Rasse aus und mit der Rasse verschwindet das DCM Problem. Eine sehr bizarre Herangehensweise, aber doch eine sicher wirkungsvolle…

Das Warten auf den DCM Gentest aus Hannover ist eines der großen Schlagworte geworden. Dass bis heute offensichtlich noch immer nicht geklärt ist, mit welchen Forschungsgeldern dieses Projekt überhaupt bewerkstelligt werden soll, wird beim hoffnungsvollen Bewerben der Blutprobensammelaktion allerdings gerne verschwiegen.

Stattdessen bejubelt man den Rückzug von Züchtern und Vermehrern als „mutigen Schritt“, gratuliert ihnen zu ihrer Courage und spricht von Achtung und Respekt vor der Entscheidung. Blickt man sich in den Reihen der mutigen Aussteiger um, geht das Kopfschütteln weiter. Der Dissidenzvermehrer, dessen Hunde nie in ihrem Leben ein Holter gesehen haben und zwischen den einzelnen Würfen schon einmal Name und Abstammung gewechselt haben, lässt sich ebenso bejubeln wie der ehemalige DV Züchter, der schon beim Kauf der potentiellen Zuchthündin  gewarnt wurde, dass die Linie als besonders belastet gilt und trotzdem alle Warnungen in den Wind schlug, Kritiker auf das Übelste beschimpfte und fröhlich weitere Linienzucht auf früh verstorbene Ahnen betrieb. In beiden Fällen war der Katzenjammer groß, als die ersten Hunde verstarben. Vermehrer X wechselte ein paar Mal den Zwingernamen und als das Geschäft sich trotzdem nicht erholte, ließ er sich zu dem heldenhaften Entschluss hinreißen, den Dobermann an den Nagel zu hängen und zu einer anderen Rasse zu wechseln. Züchter F tat es ihm gleich und nahm tränenreich seinen Abschied von der Zucht, nicht ohne lauthals zu verkünden, dass ihn ja niemand im Vorfeld aufgeklärt und vor den Risiken gewarnt hätte. Nun lassen sich beide und ein Dutzend anderer seit einigen Monaten als die tragischen Helden feiern, die den Ernst der Lage erkannt und die Brocken hingeschmissen haben.

Jedoch nicht ohne im Vorbeigehen noch verächtlich auf all jene zu spucken, die auch in den schlechten Tagen nicht den sterbenden Schwan mimen, sondern immer wieder aufs Neue versuchen das Problem in der Praxis zu lösen. In der verrückten Welt der Dobermannliebhaber bekommen jene Züchter, die sich um die Rasse bemühen den schwarzen Peter. Eine einzige Entscheidung, die dem Internetmob nicht gefällt, reicht aus, um aus einem bisher hochgeachteten Vorzeigezüchter eine dubiose Person zu machen, deren Aktionen misstrauisch beäugt und deren Zuchtprojekte als unmoralisch und verbrecherisch öffentlich angeprangert werden.  Diejenigen, die sorglos mit dem Thema umgegangen sind und für ihre kritikwürdigen Zuchtpraktiken die Quittung bekommen, werden bejubelt, sobald sie sich auf die Seite des Mobs schlagen und ordentlich mit Dreck nach den verbliebenen Züchtern werfen.

Die gesicherte gesunde Linie gibt es derzeit nicht mehr und bis Bern in Zusammenarbeit mit München die Antwort finden wird, was genau zur DCM Erkrankung führt – nein ich glaube nicht, dass die Lösung aus Hannover kommen wird – wird noch eine geraume Zeit vergehen. Bis dahin können wir uns heulend in die Ecke setzen und uns dafür, dass wir aufgegeben haben auf die Schulter klopfen lassen, oder wir können das Möglichste tun, um gesunde Hunde zu züchten. Es wird weiterhin DCM Fälle geben, auch wenn sich Züchter die größte Mühe geben. Ein großer Schritt wäre schon einmal getan, wenn man Züchtern die Möglichkeit geben würde, offen mit dem Thema umzugehen und nicht auf Grund jedes erkrankten Hundes eine Hexenjagd auf einen Zwinger zu eröffnen. Der digitale Pranger hat wiederholt bewiesen, dass er kein geeignetes Mittel ist, um Transparenz und einen produktiven Austausch zum Thema zu fördern. Doch leider beschleicht einen immer mehr das dunkle Gefühl, dass die selbsternannten Retter der Rasse mehr Interesse an einer möglichst spektakulären Schlammschlacht und der öffentlichen Diffamierung einzelner Züchter und Deckrüdenbesitzer. Manchmal möchte man meinen, dass dieses illustre Grüppchen erst dann zufrieden ist, wenn sich auch der letzte Züchter für seinen ruhmreichen Abtritt applaudieren lässt und damit das von ihnen so lange beschworene Aussterben des Dobermannes endlich begonnen hat. Sollen sie in ihren Kämmerlein hocken, ihre flüchtenden Helden bejubeln, die ab übermorgen Labradoodle oder Zwerghamster züchten und sich dabei wichtig vorkommen. Ich ziehe meinen Hut vor all jenen, die weiter machen, die die Forschungen in München unterstützen und ihr menschenmöglichstes tun, um Dobermänner mit geringem DCM Risiko zu züchten.

When the Going gets tough the Tough get going.